Was sind "heisse" Themen in der metallorganischen Chemie?
Dieses Jahr nahm ich an der International Conference on Organometallic Chemistry (
ICOMC) in Sapporo teil. Mehr als 700 Poster und mehrere hundert Vorträge zu allen Themengebieten der metallorganischen Chemie wurden vorgestellt. An dieser Stelle möchte ich
nicht über all die wunderbaren neuen Katalysen, Kupplungsreaktionen und Transformationen schreiben, die mit den neuen Komplexverbindungen erreicht wurden. Es geht auch nicht darum, einen bifunktionellen (ambidenten) Liganden ein spannendes Label wie "Januskopf"-Ligand zu verpassen oder Metall-Carboxylate als "metal organic frameworks" (
MOF) zu vermarkten. Sondern ich möchte hier nur einige typische Liganden und daraus abgeleitete Komplexverbindungen vorstellen, die zur Zeit verwendet werden. Ich denke damit verrate ich keine Geheimnisse.
Bei der Tagung traten zwei generelle Ligandsysteme in den Vordergrund, die zur Zeit sehr häufig verwendet werden und vielfältige Einsatzmöglichkeiten eröffnen. Das sind Pinzetten-Liganden (Pincer Ligands) und N-heterocyclische Carbene (NHC). Daneben werden auch weiterhin lange bekannte Ligandsysteme wie Cyclopentadienylliganden für verschiedene Anwendungen genutzt. Zur Illustration zeige ich nachfolgend einige Schemata mit typischen Vertretern dieser Ligandsysteme. Die Zeichnungen sind ziemlich groß. Sie erhalten ein größere Darstellung auf dem Bildschirm, wenn Sie auf die Bilder draufklicken.
Abb. 1: Beispiel für Komplexverbindungen mit Pinzettenliganden. Bei diesem Ligandtyp ist das Zentralatom über drei Haftatome an den Liganden koordiniert. Durch den Chelateffekt entstehen stabile Komplexverbindungen. Geeignete Gruppen zur lateralen (seitlichen) Koordination sind hier Pyridyl-, Diphenylphospino-, Oxazol- oder Phenolatgruppen. Für die zentrale Koordinationstelle des Liganden können die verschiedensten Atome genutzt werden. In den obigen Beispielen sind das Silicium, Germanium, Phosphor, Schwefel und auch das Kohlenstoffatom eines Phenylrestes.
Abb. 2: Weitere Beispiele für Komplexverbindungen mit Pinzettenliganden. Als Besonderheit kommt bei den hier abgebildeten Verbindungen hinzu, dass hier noch N-heterocyclische Carbene (NHC) im Ligandsystem eingebaut sind. Diese werden meist in den lateralen Gruppen verwendet. Oben ist jedoch auch eine Kompelxverbindung zu sehen, bei der das NHC an zentraler Position der Pinzette sitzt. Erkennen Sie diese Verbindung?
Abb. 3: Die neue Ligandklasse des letzten Jahrzehntes sind wohl die N-heterocyclischen Carbene. In oben stehender Abbildung finden Sie einige Beispiele für aktuelle verwendete Ligandsysteme. Teilweise werden die NHC-Liganden noch durch zusätzliche Donorgruppen unterstützt (zweite Reihe in der Abbildung) oder sogar in Pinzettenliganden integriert (siehe Abb. 2). Ganz unten in Abbildung 3 ist ein "Kronenether"-artiger NHC-Ligand dargestellt. Ich weiss nicht, ob es für diese Art von Liganden schon einen Eigennamen gibt.