Mittwoch, 30. April 2014

Nitrogen Fixation in Nature

Wie macht das eigentlich die Natur mit der Stickstofffixierung?


Neue Wege zur Stickstofffixierung - Teil 3

In der Natur gibt es Bakterien und symbiotische Diazotrophe, die aus N2 Stickstoffverbindungen erzeugen. Diese natürliche Stickstofffixierung wird durch Nitrogenase-Enzyme katalysiert. Die Nitrogenasen arbeiten anaerob bei Raumtemperatur und Normaldruck. Die dabei ablaufenden Reaktionen können wie folgt zusammengefasst werden:

Die erste Strukturanalyse einer Nitrogenase wurde 1992 von Kim und Rees publiziert (J. Kim, D. Rees: Structural models for the metal centers in the nitrogenase molybdenum-iron protein, Science 257 (1992) 1677-1682). Die Nitrogenase besteht aus zwei Proteinen. Das eine ist ein elektronenreiches Eisen-Schwefel-Protein mit einem [4Fe:4S]-Cluster, welcher dem Elektronentransfer dient. Das andere ist ein Eisen-Molybdän-Protein mit einem [8Fe:7S]-Cluster (der "P-Cluster"), der ebenfalls dem Elektronentransfer dient und einem Eisen-Molybdän-Cluster (der "M-Cluster"). Dieser wird auch als Eisen-Molybdän-Cofaktor ("FeMeco") bezeichnet. Die Gesamtstruktur einer Nitrogenase ist in Abbildung 1 gezeigt. 



Abbildung 1: Proteinstruktur einer Nitrogenase nach Science 334 (2011) 940-940. (Die Abbildung wurde aus den in der PDB hinterlegten Daten erzeugt.)



Die von Kim und Rees gefundene Struktur des Eisen-Molybdän-Cofaktors zeigte eine äußerst ungewöhnliche Komplexverbindung, bestehend aus sieben Eisenatomen und einem Molybdänatom, die durch Schwefelatome verbrückt sind. Im Zentrum dieses Komplexes soll sich ein Hohlraum von ca. 4 Angström Durchmesser befinden. Durch detaillierte Untersuchungen an Nitrogenasen konnte gezeigt werden, dass in diesem Cluster wahrscheinlich die Stickstofffixierung abläuft (Seefeldt, L. C.; Hoffman, B. M.; Dean, D. R. Mechanism of Mo-Dependent Nitrogenase, Annu. Rev. Biochem. 2009,78, 701-­722, Volltext abrufbar bei NIH Public Access). Daher konzentrierten sich viele weitere Forschungsarbeiten auf diesen Cluster.



Eine erneute Strukturanalyse der Nitrogenase mit einer Auflösung von 1.16 Angström wurde 2002 veröffentlicht (O. Einsle, F. A. Tezcan, S. L. A. Andrade, B. Schmid, M. Yoshida, J. B. Howard, D. C. Rees: Nitrogenase MoFe-Protein at 1.16 Å Resolution: A Central Ligand in the FeMo-Cofactor, Science 297 (2002) 1696-1700). Darin konnten die Autoren anhand der Elektronendichteverteilung zeigen, dass sich im Zentrum des Komplexes keinen Hohlraum sondern ein Atom befindet! Dabei kann es sich um Kohlenstoff, Stickstoff oder Sauerstoff handeln. Anhand der vorliegenden Daten wurde ein Stickstoffatom vermutet.







Nach neuesten Erkenntnissen befindet sich im Zentrum des Komplexes vermutlich ein Kohlenstoffatom und kein Stickstoffatom! Einerseits deuten Untersuchungen mit Röntgenemissionsspektroskopie in Kombination mit DFT-Rechnungen auf eine zentrales Kohlenstoffatom hin (K. M. Lancaster, M. Roemelt, P. Ettenhuber, Y. Hu, M. W. Ribbe, F. Neese, U. Bergmann, S.  DeBeer:  X-ray Emission Spectroscopy Evidences a Central Carbon in the Nitrogenase Iron-Molybdenum Cofactor, Science 334 (2011) 974-977). Andererseits wurde ungefähr zur selben Zeit eine erneute Verfeinerung der Strukturanalyse des Eisen-Molybdän-Cofaktors veröffentlicht, in der das zentrale Atom mit größerer Wahrscheinlichkeit als Kohlenstoff identifiziert wurde. Außerdem verwendeten die Autoren isotopenmarkierte Verbindungen in Kombination mit einer komplizierten EPR-Technik (ESEEM), um dem zentralen Atom in diesem Komplex auf die Spur zu kommen (T. Spatzal, M. Aksoyoglu, L. Zhang, S. L. A. Andrade, E. Schleicher, S. Weber, D. C. Rees, O. Einsle: Evidence for Interstitial Carbon in Nitrogenase FeMo Cofactor, Science 334 (2011) 940-940. Volltext verfügbar unter NIH Public Access). 


Der genaue Mechanismus der natürlichen Stickstofffixierung ist immer noch unbekannt, da es bisher noch nicht gelungen ist, Kristalle zu erhalten, bei denen N2 an die Nitrogenase gebunden ist. Daher bleibt dieses Forschungsgebiet spannend und es sind weitere aufregende Entdeckungen zu erwarten.


Weitere Links zum Thema:

Samstag, 26. April 2014

New Developments in Chemical Nitrogen Fixation, Part 2

Neue Wege zur Stickstofffixierung - Teil 2

Untersuchungen zur Stickstoffixierung mit Metallkomplexen gibt es seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts (siehe den ersten Teil dieses Berichtes). Im Jahr 2003 wurde über eine neuartige Möglichkeit der katalytischen Stickstofffixierung berichtet. Schrock und Mitarbeitern war es gelungen, verschiedene Molybdänkomplexe herzustellen, die in der Lage sind Stickstoff zu binden und in Gegenwart einer Protonenquelle und geeigneter Reduktionsmittel in Ammoniak umzuwandeln (siehe Abbildung 1, Literaturstellen am Ende des Posts).
 
 Abbildung 1: Katalysezyklus zur Stickstoffixierung mit einem [(HIPT)N-CH2-CH2]3NMo-Komplex.


Der katalytisch aktive Komplex in Abbildung 1 besteht aus einem Molybdän-Ion welches von Tris(2-aminoethyl)amin komplexiert wird. Zusätzlich wird der Komplex durch drei sterisch sehr anspruchvolle Hexaisopropylterphenyl-Gruppen (HIPT) umhüllt. Das Stickstoffmolekül koordiniert als "End-on"-Ligand an einer freien Koordinationsstelle des Molybdän-Ions. Das Stickstoffmolekül wird durch die sterisch anspruchvollen HIPT-Liganden in der Bindungstasche der Komplexverbindung isoliert. Dadurch wird die Bildung von stabileren und unreaktiven Dimeren mit der Mo-N=N-Mo-Einheit verhindert. Als Protonenquelle dient ein 2,6-Dimethylpyridinium-tetrakis(pentafluorphenyl)borat.  Decamethylchromocen wirkt als starkes Reduktionsmittel und liefert die notwendigen Elektronen zur Reduktion. Der gebildete Ammoniak wird als Ammoniumsalz isoliert.
Die im Katalysezyklus  in Abbildung 1 gezeigten Zwischenverbindungen  sind mit zahlreichen Einkristall-Stukturanalysen gesichert. Als Beispiel betrachte man die in Abbildung 2 gezeigte Verbindung [(HIPT)N-CH2-CH2]3NMo(N2). Die Kalottendarstellung in Abbildung 3 zeigt dasselbe Molekül in der Draufsicht. Hier wird die extreme räumliche Abschirmung des koordinierten Stickstoffs durch das Ligandsystem deutlich!

Abbildung 2: Einkristall-Strukturanalyse von [(HIPT)N-CH2-CH2]3NMo(N2), Seitenansicht.



Abbildung 3: Struktur von [(HIPT)N-CH2-CH2]3NMo(N2) im Kalottenmodell (van-der-Waals-Radien der Atome, Draufsicht).

Literatur:

  • D. V. Yandulov, R. R. Schrock, A. L. Rheingold, C. Ceccarelli, W. M. Davis: Synthesis and Reactions of Molybdenum Triamidoamine Complexes Containing Hexaisopropylterphenyl Substituents,  Inorg. Chem.; 42 (2003) 796–813.
  • D. V. Yandulov, R. R. Schrock: Catalytic Reduction of Dinitrogen to Ammonia at a Single Molybdenum Center, Science 301 (2003) 76–78.  
  • S. Schenk, B. Kirchner, M. Reiher: A Stable Six-Coordinate Intermediate in Ammonia–Dinitrogen Exchange at Schrock's Molybdenum Catalyst, Chemistry - A European Journal 15 (2009) 5073–5082.
  • Weitere Informationen zur Stickstofffixierung in Natur und Technik bei Wikipedia

Donnerstag, 24. April 2014

New Developments in Chemical Nitrogen Fixation, Part 1

Neue Wege zur Stickstofffixierung - Teil 1

Pflanzen brauchen stickstoffhaltigen Dünger. Dünger benötigt man dringend zur weltweiten Nahrungsproduktion.  Einen Einblick in die damit zusammenhängenden Probleme erhält man zum Beispiel aus der Dokumentation "Hunger und Kommunikation" von B. Hedeler. Diese entstand als Begleitmaterial zur Ausstellung "Grüner Klee und Dynamit - Der Stickstoff und das Leben". Weitere Informationen fiondet man in der Präsentation "Fluch und Segen der Stickstoffdüngung" von M. Voß, F. Korth und J. Dippner vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde.
Reaktive Stickstoffverbindungen werden zur Herstellung von Düngemitteln, Sprengstoffen und Farbstoffen benötigt. In der Luft gibt es genug Stickstoff. Dieser liegt in Form Stickstoffmoleküls N2 vor. Es ist sehr schwer, dieses unreaktive Molekül in eine chemische Verbindung zu verwandeln, also zu "fixieren". Das klassische Verfahren dafür ist die Hochdrucksynthese nach Haber und Bosch. Diese gibt es seit 1910. Seitdem ist technologisch nicht viel neues auf diesem Gebiet passiert. Die Ammoniaksynthese wird bis heute mit dem Haber-Bosch-Verfahren ausgeführt.
Allerdings wurde und wird intensiv nach alternativen Wegen zur chemischen Aktivierung des Stickstoffmoleküls gesucht. Vol'pin und Shur berichteten 1964 über Untersuchungen zur Stickstofffixierung. Dazu behandelten Sie gasförmigen Stickstoff mit Lithiumaluminiumhydrid oder Grignardverbindungen als Reduktionsmittel in Gegenwart von Übergangsmetallsalzen. Die meisten der untersuchten Verbindungen zeigten gar keine oder nur geringe Umwandlungsraten des Stickstoffs in Ammoniak. Am besten funktionierte das System Titantetrachlorid und Triisobutylaluminium in Heptan. Dieses lieferte bei 150 atm  Druck 25% Ammoniak (M. E. Vol'pin, V. B. Shur, Doklady Akademii Nauk SSSR 156 (1964) 1102-1104). Durch Verwendung von Titanocendichlorid in Gegenwart von Magnesium-, Lithium- oder Aluminiumorganylen fanden sie eine noch bessere Möglichkeit zur Stickstofffixierung. Dieses System bildet innerhalb von 9 Stunden bei Raumtemperatur 0.67 mol Ammoniak aus 1 mol der Titanverbindung (M. E. Vol'pin, V. B. Shur, M. A. Ilatovskaya, Izvestiya Akademii Nauk SSSR, Seriya Khimicheskaya 9 (1964) 1728-1729). Diese Reaktion ist für eine industrielle Anwendung allerdings ineffektiv (zu langsam und kein katalytischer Umsatz).

Seitdem wurden zahlreiche neue Komplexverbindungen des Stickstoffs isoliert und durch Kristallstrukturanalyse charakterisiert.  Dafür nachfolgend einige Beispiele:
  • [Ru(NH3)5N2]X2 bildet sich aus wässrigen Lösungen von Rutheniumtrichlorid und Hydrazinhydrat bei 25 °C. A. D. Allen, C. V. Senoff, Chem. Commun. 1965, 621-622.
  • W. J. Evans , T. A. Ulibarri , J. W. Ziller: Isolation and x-ray crystal structure of the first dinitrogen complex of an f-element metal, [(C5Me5)2Sm]2N2, J. Am. Chem. Soc. 110 (1988) 6877–6879.
  • S. P. Semproni, C. Milsmann, P. J. Chirik: Side-on Dinitrogen Complexes of Titanocenes with Disubstituted Cyclopentadienyl Ligands: Synthesis, Structure, and Spectroscopic Characterization, Organometallics 31 (2012) 31, 3672–3682.
  • T. J. Mueller, M. E. Fieser, J. W. Zillera, W. J. Evans: (C5Me5H)1−-based reduction of dinitrogen by the mixed ligand tris(polyalkylcyclopentadienyl) lutetium and yttrium complexes,(C5Me5)3−x(C5Me4H)xLn, Chem. Sci. 2 (2011) 1992-1996 (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Struktur von Cp*2Y(N)2YCp*2 im Kristall.



Abbildung 2: Struktur von Cp*2Y(N)2YCp*2 im Kalottenmodell (van-der-Waals-Radien der Atome, gleiche Blickrichtung wie in Abbildung 1).

Bei den genannten Beispielen wurden zweikernige Komplexverbindungen mit seitlich gebundenem Stickstoff erzeugt. Dabei nutzte man häufig die große räumliche Abschirmung durch Pentamethylcyclopentadienylliganden (Abkürzung = Cp*) zur Stabilisierung dieser Komplexe. Wie gut das Stickstoffmolekül dabei im Inneren der Verbindung abgeschirmt ist, zeigt die Abbildung 2. Durch diese starke räumliche Abschirmung ist allerdings die Reaktivität des Stickstoffmoleküls in diesen Verbindungen stark eingeschränkt. So sind mit diesen Verbindungen kaum Folgereaktionen beschrieben, die zu einer sinnvollen Funktionalisierung des Stickstoffmoleküls führen. Eine Ausnahme davon stellt die Borylierung eines Stickstoffkompleses dar, die erst 2013 beschrieben wurde (S. P. Semproni, P. J. Chirik: Dinitrogen Borylation with Group 4 Metallocene Complexes, Eur. J. Inorg. Chem. 2013, 3907–3915). Dazu wird ein Zirconocen- oder Hafnocendiiodid (1) mit Natrium-Quecksilber-Legierung reduziert (Abbildung 3). Das dabei entstehende hoch reaktive Metallocen bildet einen zweikernigen Stickstoffkomplex (2). Dieser reagiert mit Pinakolboran (HBPin) unter Borylierung eines Stickstoffatoms. Das resultierende borylierte Produkt 3 kann mit weiteren Reagenzien umgesetzt werden. Dabei werden die aus dem gasförmigen Stickstoff stammenden Stickstoffatome in neu entstehende Verbindungen eingebaut.



Abbildung 3: Borylierung eines Stickstoffkomplexes nach Eur. J. Inorg. Chem. 2013, 3907–3915

Einen breiteren Überblick über die Stickstofffixierung erhält man aus folgendem Übersichtsartikel:  M. D.Fryzuk, S. A Johnson - The continuing story of dinitrogen activation, Coordination Chemistry Reviews, Volumes 200–202, 2000, 379–409. Dieser spiegelt recht gut den Wissensstand bis zum Jahr 2000 wieder.

Mittwoch, 23. April 2014

Einkristalle!

Nahezu jede Veröffentlichung in der Chemie, bei der die Synthese einer neuen Verbindung beschrieben wird, enthält eine oder mehrere Einkristall-Strukturanalysen. Die Strukturanalyse von Einkristallen dient den Autoren in vielen Publikationen gleichsam als letzter Beweis für den Erfolg der beschriebenen Synthesen. Als Diplomand oder Doktorand in der Chemie ist man also auf die Strukturanalyse angewiesen. Die Qualität einer Strukturanalyse, also die Genauigkeit der Bindungslängen, Bindungswinkel und der anderen geometrischen Parameter hängen unmittelbar von der Qualität der Einkristalle ab. Einkristalle geringer Qualität liefern immer nur schlechte Datensätze und minderwertige Ergebnisse, da kann sich der Kristallograph, der die Strukturbestimmung durchführt noch so viel Mühe geben. Das reicht vielleicht für ein Bildchen in der Diplomarbeit oder eine bunte Abbildung beim Vortrag, aber sobald es an die Veröffentlichung geht, werden die Gutachter die Daten erbarmungslos prüfen und das Manuskript gegebenenfalls ablehnen! Die Züchtung sehr guter Kristalle ist häufig eine Kunst. Falls Sie in angesehenen Zeitschriften veröffentlichen wollen, brauchen Sie erstklassige Kristalle! Also sollten Sie sich etwas Zeit nehmen und ein wenig Mühe auf die Züchtung der Kristalle verwenden. Mit anderen Worten und stark vereinfacht möchte ich das soeben Gesagte folgendermaßen zusammenfassen:  


Die Qualität der Kristalle entscheidet über den Erfolg Ihrer Publikation!




Bei folgenden Quellen können Sie etwas über Kristallzüchtung lernen:
Weiterführende Links: