Sonntag, 28. Juni 2015

Enantioselective Allylation with Chiral Lewis Bases

Enantioselektive Allylierung

Es gibt einen großen Bedarf für Synthesen enantiomerenreiner Verbindungen. Diese benötigt man zur Herstellung von Pharmazeutika, Feinchemikalien und  Materialien mit definierten Eigenschaften. Daher sind katalytische enantioselektive Reaktionen von großem Interesse und werden intensiv untersucht. Die überwiegende Anzahl katalytischer asymmetrischer Synthesen verläuft unter Katalyse mit chiralen Komplexen von Übergangsmetallen oder auch Hauptgruppenelementen. Diese Komplexe koordinieren das Substrat als Lewissäure und aktivieren dieses für die katalytische Reaktion. Es gibt auch einige Reaktionen die durch Lewisbasen aktiviert werden. Dazu gehört die enantioselektive Allylierung von Aldehyden mit Allylsilanen. Diese Reaktion unterscheidet sich mechanistisch grundsätzlich von den üblichen Allylierungen mit Lewissäuren.
Der Mechanismus der Allylierung mit Lewissäuren ist in Abbildung 1 dargestellt. Die Lewissäure bildet mit dem Aldehyd einen Komplex. Dies führt zur Aktivierung des Carbonylkohlenstoffatoms. An dieses Kohlenstoffatom addiert sich die Allylverbindung  unter Ausbildung des Allylalkohols. Der Übergangszustand besitzt eine offene Struktur.


Abbildung 1: Mechanismus der Lewissäure (LS) katalysierten Allylierung.

Der Mechanismus der Lewisbsase-katalysierten Allylierung in Abbildung 2 sieht ganz anders aus. Die Lewisbase bildet einen Komplex mit dem Siliciumatom des Allylsilans. Über einen geschlossenen cyclischen Übergangszustand wird der Allylalkohol gebildet. Dabei findet am Siliciumatom eine gleichzeitige Aktivierung des Aldehyds und des Allylsilans statt. Voraussetzung für diesen Mechanismus ist die Fähigkeit des Siliciumatoms zur Höherkoordination. Es treten sowohl fünffach (a) als auch sechsfach koordinierte Intermediate (b in Abbildung 3) auf.


 Abbildung 2: Mechanismus der Lewisbase (LB) katalysierten Allylierung.





Abbildung 3: Fünffach (a) und sechsfach (b) koordinierte Siliciumverbindungen bei der Lewisbase (LB) katalysierten Allylierung.

In Gegenwart chiraler Basen gelingt es, die Lewisbase katalysierte Allylierung hoch enantioselektiv und diastereoselektiv auszuführen. Wer mehr über die Details dieser Reaktion erfahren möchte, liest die unten angegebenen Quellen.


Quellen: 



Mittwoch, 24. Juni 2015

Silicon-based Drugs - Part 9

Silicium enthaltende Medikamente - Abschluss der Reihe

Silicium enthaltende Verbindungen sind in mehrfacher Hinsicht interessante Kandidaten für Pharmaka.
Der gezielte Silicium-Kohlenstoff-Austausch bietet die Möglichkeit, bestehende Medikamente in ihrem Wirkungsspektrum zu modifizieren und so zu "besseren" Medikamenten zu kommen. Beispiele für diese Strategie sind Silperison, Sila-haloperidol und Sila-venlafaxin.
Die Einführung von Silicium-enthaltenden Substituenten bzw. Endgruppen verändert ebenfalls das Wirkungsspektrum bekannter Medikamente. Diese Substitution ist relativ einfach zu realisieren. Beispiele sind Silabolin und siliciumhaltige Derivate von Indomethacin.
Silatrane sind eine große Verbindungsklasse mit einem breiten Spektrum physiologischer Wirkungen. Es gibt keine kohlenstoffanalgoen Verbindungen zu Silatranen. Atrane gibt es nur mit Elementen, die eine Höherkoordination erlauben.
Trotz der zahlreichen Möglichkeiten und Ansätze werden bisher kaum Silicium enthaltende Medikamente angewendet. Die Zulassung einer Medikamentes erfordert umfangreiche Tests und Untersuchungen. Diese kosten sehr viel Geld. Nur wenn ein sehr vielversprechender Kanidat gefunden ist, werden klinische Tests durchgeführt. Bisehr mangelte es bei den siliciumhaltigen Medikamenten unter anderem an der Finanzierung solcher Tests. Schließlich ist eine mögliche Toxizität der siliciumhaltigen Verbindungen auch noch Gegenstand fortlaufender Diskussionen und kann ein wichtiger Hinderungsgrund für den Einsatz dieser Medikamente sein.
Zugelassene pharmazeutisch aktive Molekülverbindungen sind heute immer noch hauptsächlich rein organische Verbindungen. Der strategische Ersatz von Silicium gegen Kohlenstoff in solchen Verbindungen ist häufig nicht patentrechtlich abgesichert. Damit ergibt sich die Möglichkeit, durch die Einführung von Siliciumatomen neuartige und patentierbare Pharmaka zu erzeugen. Diese könnten durchaus eine höhere biologische Aktivität und geringere Nebenwirkungen aufweisen.
Von bereits zugelassenen rein organischen Pharmaka sind die pharmakologischen Eigenschaften und die Toxizitätsprofile bereits bekannt. Außerdem ist die Arzeneimittelsicherheit genau untersucht und es gibt etablierte Herstellungs- und Formulierungsmethoden für diese Mittel. Daher ist der Silicium-Kohlenstoff-Austausch auf der Grundlage von bereits zugelassenen Pharmaka ein kostengünstiger Weg und birgt geringere Risiken in der Arzneitmittelentwicklung als die völlige Neuentwicklung eines Medikamentes.

Die Möglichkeiten des intelligenten Medikamentendesigns ("smart drug design") wurden von Tacke und Mitarbeitern erst kürzlich am Beispiel des Sila-Loperamids demonstriert. Bei diesem Medikament wurde durch Einführung des Siliciumatoms eine Angriffsstelle für den Metabolismus des Medikaments ("metabolic soft spots") geschaffen, die das Auftreten schädlicher Metaboliten verhindern.

Das Thema bietet viel Stoff zum Nachdenken. Lesen Sie doch weiter in den unten angegebenen Quellen oder ziehen Sie sich zum Nachdenken in die Studierstube zurück wie der abgebildete Alchemist.



Abbildung: "Der Alchemist" von Mattheus von Helmont, 1623-1679 (Quelle der Abbildung:  Wikimedia Commons, Attribution: Chemical Heritage Foundation).

Quellen:

Samstag, 20. Juni 2015

Silicon-based Drugs 8

Wie kann man ein hervorragendes Medikament weiter verbessern?


Loperamid ist ein wirksames Medikament gegen Durchfall. Seit 2013 steht es auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO. Es ist das am meisten verkaufte nicht rezeptpflichtige Antidiarrhoikum auf dem deutschen Markt und wahrscheinlich auch international das am häufigsten genutzte Mittel gegen Durchfall. (Quelle: Wikipedia)
Loperamid zählt zu den Opioiden. Opioide sind natürliche und synthetische Substanzen, die morphinartige Eigenschaften aufweisen und an Opioidrezeptoren wirksam sind. Im Gegensatz zu anderen Opioiden und Opiaten wirkt Loperamid hauptsächlich lokal im Darm, so dass bei therapeutischer Dosierung keine gravierenden Nebenwirkungen im Nervensystem auftreten. Da Loperamid lediglich die Darmtätigkeit unterdrückt, ist eine Anwendung bei einer Darminfektion nicht uneingeschränkt zu empfehlen. (Quelle: Wikipedia)
Bei defekter Blut-Hirn-Schranke kann es zu weitreichenden Nebenwirkungen kommen. So kann die Gabe von Loperamid beim Collie und verwandten Hunderassen aufgrund eines Gendefektes zum Tode führen. Auch beim Menschen kann ein solcher Gendefekt auftreten. Es wurde jedoch noch nie über einen Todesfall beim Menschen aufgrund therapeutischer Loperamiddosierungen berichtet. (Quelle: Wikipedia)



Abbildung 1: Molekülstruktur von Loperamid (links Kugel-Stab-Darstellung, rechts Kalottendarstellung).


Tacke und Mitarbeiter  stellten sich die Frage, ob dieses häufig genutzte und sehr wirkungsvolle Medikament weiter verbessert werden könnte (Quellenangabe ganz am Ende des Posts). Dazu nutzten sie in bewährter Weise die Strategie des Kohlenstoff-Siliciumaustauschs. Ziel war es, in 4-Stellung zum Piperidin-Stickstoffatom ein Siliciumatom einzuführen (Abbildung 2). Dies gelang in einer 12-stufigen Synthese! Das ist ein recht hoher Aufwand.


 Abbildung 2: Strukturformel von Loperamid (oben) und Sila-Loperamid (unten).

Die in vitro und in vivo Pharmakokinetik und Pharmakodynamik beider Verbindungen wurden im Vergleich untersucht. Beide Verbindungen besitzen nahezu identische pharmakokinetische Eigenschaften. Die Siliciumverbindung zeigt einen anderen Metabolismus als Loperamid. Sila-Loperamid bildet einen polareren und schneller abbaubaren Metaboliten, so dass keine neurotoxischen Metaboliten entstehen, wie sie bei Loperamid beobachtet wurden. Damit würde Sila-Loperamid sogar ein besseres Medikament darstellen, als das bewährte Loperamid.

Die Autoren schlussfolgern aus diesen Ergebnissen, dass Organosiliciumverbindungen im Sinne eines intelligenten Medikamentendesigns ("smart drug design") zur Verbesserung bestehender Medikamente genutzt werden können. So ist es zum Beispiel möglich, Angriffsstellen für den Metabolismus der Medikamente ("metabolic soft spots") zu schaffen, die das Auftreten schädlicher Metaboliten verhindern. Der Kohlenstoff-Sauerstoff-Austausch und der Kohlenstoff-Stickstoff-Austausch sind bereits bewährte Strategien in der medizinischen Chemie. Der Kohlenstoff-Silicium-Austausch eröffnet neue Möglichkeiten. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Pharmakodynamik erhalten bleibt, da die strukturellen und elektronischen Veränderungen im Molekülgerüst relativ gering sind. Auf der anderen Seite können durch den C/Si-Austausch signifikante Änderungen in der Pharmakokinetik erzielt werden. Diese können eine Medikament weiter "verbessern". Das wurde am Beispiel Loperamid sehr schön demonstriert.

Quelle:

Samstag, 13. Juni 2015

Silicon-based Drugs - Part 7

Silatrane

In Silatranen liegt ein fünffach koordiniertes Siliciumatom vor. Vier Koordinationsstellen werden von dem Chelatliganden Triethanolamin besetzt. Die fünfte Koordinationsstelle nimmt ein organischer Rest R ein. Abbildung 1 zeigt eine Syntheseroute zu Silatranen. Ganz allgemein werden tricyclische Koordinationsverbindungen mit drei fünfgliedrigen Ringen als "Atrane" bezeichnet. Es gibt auch noch Atrane mit anderen Zentralatomen.

 Abbildung 1: Synthese von 1-Organylsilatranen.

Silatrane zeigen ein breit gefächertes toxikologisches Verhalten. Einerseits gibt es extrem giftige Silatrane. Diese besitzen z.B. einen Phenylrest und wurden als Rodentizide vorgeschlagen. Ein Rodentizid ist ein Mittel zu Bekämpfung von Nagetieren. Wenn das Mittel von der Ratte erst einmal aufgenommen ist, wird es schnell metabolisiert und ist dadurch relativ ungefährlich für andere Tiere, die die vergiftete Ratte fressen könnten.


Abbildung 2: Molekülstruktur (links) und Kalottenmodell (rechts) von Phenylsilatran.
 
Silatrane mit Alkyl- oder Alkenylgruppe (R in Abbildung 1) sind kaum giftig und werden für verschiedene medizinische Anwendungen getestet. Dazu gehören z.B. die Stimulation der Kollagen-Biosynthese und als Antikrebsmittel.


Abbildung 3: Molekülstruktur von Methylsilatran


Literatur:


Samstag, 6. Juni 2015

Silicon-based Drugs - Part 6

Siliciumhaltige Derivate von Indomethacin - neuartige Mittel gegen Krebs?


Indomethacin ist ein biologisch aktives Indolderivat. Es ist ein entzündungshemmendes Medikament und wird zur Behandlung von Schmerzen und Arthritis vielfältig eingesetzt. Es gibt auch Untersuchungen über die Wirksamkeit von Indomethacin bei der Behandlung von Alzheimes und Krebs. Indomethacin ist ein vielfältig einsetzbares Medikament (Quelle: Drug Development Research 68, (2007) 156–163). Nebenwirkungen, die bei der Behandlung mit Indomethacin auftreten können, sind Magen-Darm-Störungen, Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Übelkeit, Druckgefühl in der Magengegend und Appetitlosigkeit (Quelle: Wikipedia).


Abbildung 1: Molekülstruktur (links) und Strukturformel (rechts) von Indomethacin

Bikzhanova und Mitarbeiter untersuchten, ob mit Hilfe der Organosiliciumchemie  biologisch aktive und möglicherweise verbesserte Derivate von Indomethacin erzeugt werden können. Dazu wurde eine Reihe siliciumhaltiger Derivate von Indomethacin hergestellt (Abbildung 2). Die siliciumhaltigen Reste sind über eine Säureamidgruppe an den Grundkörper des Indomethacins gebunden. Die siliciumhaltigen Rest wurden systematisch variiert. Die erhaltenen Produkte sind deutlich lipophiler und binden selektiver an die Cyclooxygenase-2 (COX-2). In vitro Untersuchungen ergaben, dass die Verbindungen verstärkt von Tumorzellen aufgenommen werden. Die siliciumfunktionalisierten Indomethacine zeigten eine bis zu fünfzehfach höheren wachstumshemmenden Effekt gegenüber Bauspeicheldrüsenkrebs. Die untersuchten Verbindungen eröffnen vielfältige Möglichkeiten in der Entwicklung von Medikamenten gegen Krebs (Quelle: Drug Development Research 68, (2007) 156–163).


Abbildung 2: Einige Siliciumderivate von Indomethacin


Literatur: