Samstag, 28. Mai 2016

Raw Materials and Ressources - Books

Bücher über Rohstoffe und Ressourcen

Geeignete Lektüre über kritische Metalle und strategische Rohstoffe bieten folgende Bücher:


Grundlegendes über Lagerstättenkunde und Exploration findet man in diesen Titeln:



"Mineral Resource Estimation" von M. E. Rossi und C. V. Deutsch, Springer, Dordrecht 2014. Die Abschätzung von Mineralvorkommen hat sich in den letzten 25 Jahren stark verändert. Geostatistische Methoden haben sich durchgesetzt und entwickeln sich weiter. Numerische Modellierungen sind mit der gegenwärtigen Computertechnik problemlos möglich. Die modernen Methoden zur Schätzung von Mineralvorkommen sind in diesem Buch zusammengefasst.

"Quantitative Mineral Resource Assessments: An Integrated Approach" von D. A. Singer und W. D. Menzie, Oxford University Press, Oxford 2010. Politiker, Explorationsexperten und Planungsbehörden entscheiden wie Gebiete, in denen sich unentdeckte Rohstoffe befinden können, genutzt werden sollen. Entscheidungen hinsichtlich der Nutzung von Mineralvorkommen werden nicht nur auf der Grundlage der vermuteten Mengen an Rohstoffen getroffen, sondern Politik, Umweltschutz und die regioniale Entwicklung spielen eine große Rolle bei allen Entscheidungen. Dieses Buch berücksichtigt explizit alle Faktoren, die bergbaubezogene Entscheidungen beeinflussen. Damit können Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft die möglichen Folgen ihrer Entscheidungen besser überblicken. Die Autoren nutzen das dreistufige Verfahrens des United States Geological Survey zur Beurteilung unbekannter Mineralvorkommen als Grundlage.



"Thanatia: the Destiny of the Earth's Mineral Resources" von A. V. Capilla und A. V. Delgado, World Scientific, New Jersey 2015. In diesem Buch wird eine streng thermodynamische Theorie zum Verständnis der Ressourcenausbeutung entwickelt. Die Autoren fragen sich, ob aus unserem Planeten ein ausgebeutetes "Thanatia" ohne Ressourcen werden könnte. Unter dem Begriff Thanatia versteht man einen Planeten, bei dem alle Ressourcen gleichmäßig über die Oberfläche verteilt sind. Es gibt keine Minerallagerstätten, sondern alle Elemente sind durch die Tätigkeit der Menschen mehr oder weniger gleichmäßig verstreut worden.
Wie lange kann unsere High-Tech-Gesellschaft noch aufrechterhalten werden, wenn die Erzgehalte der Minerallagerstätten immer niedriger werden; wenn wir von kritischen Metallen abhängig sind, die so gut wie gar nicht recycelt werden und wenn die Dispersion der Metalle immer schneller voranschreitet? Das Buch präsentiert einen Ansatz „cradle-to-cradle“ für die abiotischen Ressourcen der Erde. Dieser Begriff umschreibt das vollständige Recycling aller produzierten Güter. Der Ansatz der Autoren beruht auf dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik: Wärme verteilt sich gleichmäßig, Materialien zersetzen sich und werden verstreut. Durch das Postulat von Thanatia vermitteln uns die Autoren ein Gefühl für das Schicksal der Materialien und für die Notwendigkeit, die abiotischen Ressourcen der Erde weise zu nutzen. Das Buch behandelt wichtige Aspekte der Geologie, Geochemie, Bergbaukunde, Mineralogie, Metallurgie, Ökonomie, Ökologie und Thermodynamik. Darüber hinaus kann das Buch als Nachschlagewerk genutzt werden. Es enthält Stoffdaten von mehr als 300 Substanzen, Statistiken zu Bodenschätzen, Energieverbrauch, über den Umwelteinfluss des Bergbausektors und über weltweite Recyclingraten.


Nachtrag zum Thema im Januar 2017:
"Strategische Metalle - Eigenschaften, Anwendung und Recycling" von Bernhard Adler





Samstag, 7. Mai 2016

The Crystalline Sponge Method Reloaded

Neues von den kristallinen Schwämmen

Über kristalline Schwämme als Werkzeug in der Strukturanalyse hatte ich im Blog bereits berichtet. Bei dieser Methode saugt man eine flüssige Verbindung oder die Lösung einer Verbindung auf, dabei entsteht ein Einschlusskomplex. Die Kristallstruktur dieses Komplexes aus Wirt und Gast wird gemessen und schon hat man eine Strukturanalyse der ursprünglich flüssigen Verbindung.  Diese neuartige Methode der Strukturbestimmung publizierten Fujita et al. 2013 unter der Überschrift "X-ray analysis on the nanogram to microgram scale using porous complexes" in Nature 495 (2013) 461-466 und Nature 501 (2013) 262.
Die Methode ermöglicht es auch, die Stereochemie von chiralen Verbindungen zu untersuchen. Verbindungen mit axialer oder planarer Chiralität finden vielfach Anwendung in katalytischen asymmetrischen Synthesen. Allerdings ist die Bestimmung der absoluten Konfiguration solcher Verbindungen oft schwierig. Die Autoren demonstrieren in einem aktuellen Artikel sehr anschaulich die praktische Anwendbarkeit ihrer Methode (S. Yoshioka et al. in Chem. Sci. 6 (2015) 3765-3768). So trennten sie z.B. racemische Mischungen ihrer chiralen Zielsubstanzen mit HPLC auf. Anschließend tauchten sie den kristallinen Schwamm in einen winzigen Tropfen der gewonnenen enantiomerenreinen Substanz. Das führt zu einem chiralen Wirt-Gast-Komplex. Die chirale Gastverbindung induziert dabei einen Übergang des achiralen Wirtsgitters in eine chirale Struktur.
Allerdings ist die Arbeitstechnik mit den kristallinen Schwämmen nicht ganz so einfach. Es gibt zahlreiche praktische und kristallographische Probleme die überwunden werden müssen. In einem Interview für Chemistry World erläutert Makoto Fujita, einer der Autoren, die Probleme mit dieser Methode. Sinngemäß sagte er: "Als wir unseren Artikel  2013 in Nature publizierten, waren wir unsicher über die Anwendbarkeit und die Grenzen dieser Technik. Wir haben inzwischen festgestellt, dass qualitativ hochwertige Daten nur erhalten werden, wenn die Gastmoleküle in sehr hohen Konzentrationen im Wirtsgitter vorliegen. Für jedes zu untersuchende Molekül müssen daher die Bedingungen zur Bildung des Wirt-Gast-Komplexes sorgfältig optimiert werden." Inzwischen haben die Autoren weiter an dieser Methode gearbeitet und präsentieren ihre neuesten Ergbnisse im IUCr Journal (IUCrJ 3, 2016, 139-151).

Nachfolgend zwei Beispielstrukturen aus der Veröffentlichung in Chemical Sciences von 2015: In Abbildung 1 sind alle Atome in der Struktur, also Wirt- und Gastmoleküle, mit van-der-Waals-Radien  wiedergegeben. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Struktur immer noch große Hohlräume enthält. In diesen können sich z.B. Lösungsmittelmoleküle befinden. Wenn das Lösungsmittel keine definierten Positionen im Kristallgitter einnimmt, dann spricht man von "diffusen Lösungsmittelmolekülen". Solche Moleküle erschweren dann häufig eine exakte Strukturbestimmung.



Abb. 1: Struktur eines Einschlusskomplexes von [Tetrakis(2,4,6-tris(pyridin-4-yl)-1,3,5-triazin)-dodecakis(iodo)-hexazink (Wirt) mit (R)-5,5',6,6'-Tetramethylbiphenyl-2,2'-diol als Gast. Abbildung erzeugt mit den Strukturdaten WUDZEC aus der CSD. Originalveröffentlichung der Strukturdaten in Chem. Sci. 6 (2015) 3765-3768.

In der zweiten Abbildung sind die Moleküle des Wirtsgitters wiederum mit van-der-Waals-Radien dargestellt. Für die Gastmoleküle wurde eine Kugel-Stab-Darstellung gewählt. Man erkennt hier, dass die Gastmoleküle nur einen kleinen Anteil an der gesamten Struktur ausmachen. Die Experimentatoren müssen aber bei der Strukturanalyse alle Atome im Kristallgitter der Verfeinerung unterwerfen. Man schleppt bei dieser Methode also einen recht großen "Ballast" mit, nämlich die Atome des Wirtsgitters. Diese sind eigentlich nicht weiter interessant, da die Struktur des Wirtsgitters längst bekannt ist.


 Abb. 2: Struktur eines Einschlusskomplexes von [Tetrakis(2,4,6-tris(Pyridin-4-yl)-1,3,5-triazin)-dodecakis(iodo)-hexazink als Wirt mit (R)-4-(2-isopropyl-1-naphthyl)-2,3-dimethylthiophen als Gast. Abbildung erzeugt mit den Strukturdaten WUDZIC aus der CSD. Originalveröffentlichung der Strukturdaten in Chem. Sci. 6 (2015) 3765-3768.

 
Diese beiden Beispiele zeigen, dass diese Methode durchaus nicht ganz so einfach zu handhaben ist. Die Arbeitstechnik der "kristallinen Schwämme" ist mit handfesten kristallographischen Problemen verbunden. Diese können nur durch sorgfältiges Arbeiten von kristallographisch hoch qualifiziertem Personal gemeistert werden. 

Die kristallinen Schwämme stehen sicher noch am Anfang ihrer Entwicklung als Werkzeuge in der Strukturanalyse. Der nächste Schritt wäre das Design neuer "Schwämme". Dabei werden bisher vor allem Metal-Organic-Frameworks "MOF" verwendet. Diese kristallinen Metallsalze von organischen Säuren besitzen große Hohlräume, in denen die Gastverbindungen Unterschlupf finden. Arbeitsgruppen, die an MOFs arbeiten, könnten mit den kristallinen Schwämmen neue Anwendungsfelder für ihre Verbindungen erschließen. Eine Weiterentwicklung dieser Methode wurde bereits von einer anderen Arbeitsgruppe in Angriff genommen. So demonstrierten E. Sanna et al. kürzlich, dass ein makrocyclisches Tetraimin in Kombination mit Essigester ebenfalls als kristalliner Schwamm geeignet ist (Chem. Sci. 6 (2015) 5466-5472).

Weitere Links zum Thema:



    Ergänzung im Dezember 2016:

    Mit Hilfe eines kristallinen Schwammes wurde erstmals die Struktur eines Ozonides bestimmt. Solche Verbindungen entstehen bei der Reaktion von Alkenen mit Ozon. Dabei greift das reaktive Ozon (O3) die Doppelbindung an und spaltet diese (siehe Reaktionsgleichung unten). Ozonide sind sehr instabil und teilweise explosiv. Daher war es bisher nicht möglich eine Strukturanalyse einer solchen Verbindung anzufertigen. (Literatur: J. Am. Chem. Soc. 138, 2016, 10140-10142)