Mittwoch, 4. Juli 2007

DFG

Welcher Wissenschaftler an einer deutschen Universität hat sich noch nicht über einen abgelehnten Antrag an die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG ) geärgert?

Im letzten Jahr schlug der Ärger um die Bewertungspraxis der DFG hohe Wellen. Nach Artikeln in verschiedenen Zeitschriften (z.B. Spiegel online) wurde das Thema auch im Hausblatt der GDCh (Nachrichten aus der Chemie) diskutiert, Pro ("Für Transparenz in der Förderpraxis") und Contra ("Gegen ein Altherrensystem, gegen Gefälligkeitsgutachten") sorgfältig gegenüber gestellt. Einen zusammenfassenden Überblick über den aktuellen Diskussionsstand und die vielfältigen Kritikpunkte findet man auf den Seiten des deutschen Bundestages ("Die Deutsche Forschungsgemeinschaft - Strukturen, Verfahren, Reformbedarf".

Hier einige Passagen aus dem genannten Papier: (Alles wörtlich zitiert aus "Die Deutsche Forschungsgemeinschaft - Strukturen, Verfahren, Reformbedarf", Info-Brief, Dr. Daniel Lübbert, Link siehe oben)

"Ein Forscher mit Karriere- Ambitionen könne es sich nicht leisten, die DFG öffentlich zu kritisieren. Daher wird ein hohes Maß an latenter Kritik vermutet. ...

Im Zentrum der Kritik an den Verfahren der DFG steht das Prinzip der anonymen Begutachtung und dabei vor allem die Einseitigkeit dieser Anonymität: Der Gutachter erfährt zwar den Namen des Antragstellers. ...

Umgekehrt wird kritisiert, dass die Anonymität Machtmissbrauch in der anderen Richtung begünstige. Es komme vor, dass negative Gutachten nur wenig überzeugend begründet seien. Solange ein Gutachter sich für sein negatives Votum in keiner Weise persönlich rechtfertigen müsse, könne er der Versuchung unterliegen, seinen Einfluss als Gutachter zur Behinderung von Konkurrenten einzusetzen. ...

Weitere Kritikpunkte beziehen sich vor allem auf die Auswahl der Gutachter. So wird verschiedentlich gefordert, in stärkerem Maße als bisher jüngere Wissenschaftler als Gutachter heranzuziehen. ...

Erfahrene Antragsteller äußern die Auffassung, die Verfahren der DFG verliefen im Ergebnis oft nach dem Prinzip „Wer hat, dem wird gegeben“: Etablierte Forscher, die bereits über eine gute Ausstattung mit Forschungs-Infrastruktur und einen großen Stamm an Mitarbeitern verfügten, hätten signifikant bessere Chancen, weitere Projektmittel genehmigt zu bekommen, als Nachwuchsforscher, die erst mit dem Aufbau einer eigenen Arbeitsgruppe beginnen. ...

Der DFG wird deshalb teilweise ein „bias für den mainstream“, d.h. eine Voreingenommenheit zugunsten etablierter Forscher und traditioneller Forschungsrichtungen sowie eine mangelnde Offenheit für neue und innovative Ansätze vorgeworfen. ...

Schließlich wird von manchen Betroffenen bemängelt, dass es praktisch nicht möglich sei, gegen die Ablehnung von Anträgen Einspruch zu erheben. Selbst in den Fällen, in denen Gutachter bei der Begründung ihres negativen Votums erkennbar zu Fehleinschätzungen gelangt seien, habe eine Beschwerde bei der DFG kaum Chancen auf Erfolg. Es fehle ein wirksames Instrument des „Rechtsschutzes“."


Persönliche Erfahrungsberichte über die Förderpraxis sind schwer zu finden. Schließlich "will man ja noch mal einen Antrag erfolgreich durchbringen". Hier ein Link den ich fand: Tanz, Alterchen, tanz! von Mark Benecke.