Donnerstag, 21. Mai 2015

Silicon-based Drugs - Part 4

Ein Antidepressivum mit Silicium


Venlafaxin wird zur Behandlung von Depressionen und Angsterkrankungen verwendet. Es wirkt als selektiver Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer der seine Wirkung im Zentralnervensystem entfaltet. Venlafaxin vermindert die Rückaufnahme von Serotonin und Noradrenalin in die präsynaptischen Vesikel an bestimmten Synapsen im Gehirn. Das dadurch vermehrte Angebot dieser Neurotransmitter im synaptischen Spalt bewirkt eine Linderung der depressiven Symptome. (Quelle: Wikipedia)
Chemisch handelt es sich um ein Phenylethylamin-Derivat. Der Grundkörper beta-Phenylethylamin ist in Venlafaxin mit verschiedenen Substitutenten modifiziert. Dazu gehören zwei Methylgruppen am Stickstoffatom, eine Methoxygruppe (MeO-) in para-Stellung am Phenylring und ein Cyclohexan-1-ol-Ring in beta-Stellung der Ethylgruppe (Abbildung 1 rechts). Genau an dieser Stelle setzt die von Tacke und Mitarbeitern ausgeführte Modifikation der Verbindung an. Sie tauschten ein Kohlenstoffatom des Cyclohexanolringes gegen ein Siliciumatom aus. Als Besonderheit muss noch erwähnt werden, dass die Verbindungen in Abbildung 1 chiral sind. Das mit dem roten Stern markierte Kohlenstoffatom kann in R- oder S-Konfiguration vorliegen. 


Abbildung 1: Molekülstruktur von Sila-venlafaxin (links) und Venlafaxin (rechts).

Das durch die Einführung des Siliciumatoms erhaltene Sila-venlafaxin wurde auf seine biologischen Eigenschaften getestet. Das Hydrochlorid von Sila-venlafaxin zeigt eine deutlich veränderte Wiederaufnahmehemmung gegenüber Serotonin, Noradrenalin und Dopamin. (S)-Venlafaxin ist ein starker und selektiver Serotonin-Wiederaufnahmehemmer. (S)-Sila-venlafaxin hat eine verringerte Selektivität gegenüber Serotonin. Dadurch wird diese Verbindung zu einem Wiederaufnahmenhemmer sowohl für Serotonin und als auch für Noradrenalin. (R)-Venlafaxin ist ebenfalls eine Wiederaufnahmehemmer für Serotonin und Noradrenalin. (R)-Sila-venlafaxine hat ein völlig anderes Selektivitätsprofil. Solche modifizierten Verbindungen könnten einen therapeutischen Nutzen für die Behandlung von Erkrankungen des Zentralnervensystems haben. (Quelle: Organometallics 25, 2006,1188-1198)

Einen visuellen Eindruck von den veränderten Eigenschaften von Sila-Venlafaxin gegenüber der Stammverbindung Venlafaxin erhält man aus der Abbildung 2. Dort ist das elektrostatische Potenzial auf der Oberfläche der beiden Moleküle dargestellt. Positive Ladungen sind in der Abbildung blau dargestellt. Über eine kontinuierliche Farbskala geht es bis zu den rot dargestellten Stellen mit negativer Ladungskonzentration. Die höchste negative Ladung findet man am Sauerstoffatom. Das ist auch zu erwarten, da Sauerstoff die höchste Elektronegativität von den vorhandenen Atomen hat.
Die Abbildung zeigt sozusagen, welche Ladungen Rezeptoren und andere Reaktionspartner von diesen beiden Molekülen "wahrnehmen". Ein verändertes elektrostatisches Potenzial führt zu einer veränderten Rezeptorselektivität. Dazu genügen bereits relativ kleine Änderungen im Molekül, wie z.B. durch den Austausch eines Kohlenstoffatoms gegen ein Siliciumatom.

Abbildung 2: Elektrostatisches Potenzial auf der Oberfläche von Sila-venlafaxin (links) und Venlafaxin (rechts). Eigene Berechnungen mit B3LYP/6-311+G(d,p).

Literatur:

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