Samstag, 23. Februar 2013

Seven deadly sins in natural science

Bad Science 2012


Es ist wieder einmal Zeit für einen Rückblick bezüglich schlechter Wissenschaft im vergangenen Jahr. Im Zusammenhang mit den "außerirdischen Dinosauriern" hatte ich bereits davor gewarnt, die gleiche wissenschaftliche Arbeit mehrfach zu veröffentlichen (siehe Eintrag vom 20.02.13). W. F. van Gunsteren hat vor kurzem einen Artikel unter der Überschrift "Die sieben Todsünden akademischen Handelns in der naturwissenschaftlichen Forschung" (Angew. Chem. 2013, 125, 128–132) veröffentlicht. Dieser Essay fasst die Grundprinzipien guter wissenschaftlicher Praxis in leicht lesbarer Form zusammen. Der Artikel ist unbedingt lesenswert! Die sieben Todsünden sind folgende:
(von oben nach unten mit zunehmendem Schweregrad, verkürzt entnommen aus Angew. Chem. 2013, 125, 128 – 132)
Zitat Anfang

  1. Eine schlechte oder unvollständige Beschreibung der Arbeit ...
  2. Das Versäumnis, offensichtliche und einfache Tests durchzuf ühren, die ein Modell oder eine Theorie bestätigen oder widerlegen könnten...
  3. Unzureichender Zusammenhang zwischen Daten und
    Hypothese oder Fazit ...
  4. Die Wiedergabe von ausschließlich erfolgreichen Ergebnissen ... während negative Ergebnisse weggelassen werden.
  5. Missachtung von nachträglich aufgedeckten Fehlern.
  6. Plagiarismus
  7. Fabrikation oder Fälschung von Daten.
Zitat Ende 




Hieronymus Bosch: Die sieben Todsünden und die vier letzten Dinge (Quelle der Abbildung: Wikimedia Commons)
    Auch bei Vroniplag geht die Arbeit weiter. Nach anfänglich spektakulären Erfolgen bewegt man sich jetzt wohl in den "Mühen der Ebenen" (Zitat Brecht!). Die von den Fakultäten eingesetzten Kommissionen prüfen und bewerten die inkriminierten Arbeiten, dass kann schon etwas dauern. Dabei scheint man nach dem Prinzip zu verfahren: "Die Großen hängt man, die Kleinen läßt man laufen" (invertiertes Sprichwort!). Also bei bekannten Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, z.B. Politikern, wird der Titel häufiger entzogen, während unbekannte Doktores eher mit einem blauen Auge davon kommen. Das Spektrum der Bewertungen ist groß und reicht vom Entzug des Doktortitels, über eine Rüge wegen wissenschaftlichen Fehlverhaltens und eventuell Herabsetzung der Abschlußnote, bis zur Feststellung kleinerer handwerklicher Mängel. In einigen Fällen wurden die auf Vroniplag dokumentierten Textübereinstimmungen auch schon als "gegenstandslos" zurückgewiesen. Dabei sollten die betroffenen Fakultäten aber bedenken, dass die Dokumentationen auf Vroniplag danach nicht einfach verschwinden, sondern weiterhin (voraussichtlich für viele Jahre) für jedermann frei zugänglich im Internet abrufbar sind. Langfristig dürfte das Ignorieren von Plagiaten den Ruf der betroffenen Universität beschädigen. 
    Bisher wurden auf Vroniplag bei 39 Dissertationen, zwei Habilitationsschriften und einem Fachbuch Textübereinstimmungen mit anderen Arbeiten nachgewiesen. Es zeichnen sich mittlerweile auch Schwerpunkte bei den Fachrichtungen ab. So wurden bisher 15 juristische, 10 medizinische, 6 philosophische, 5 Arbeiten mit dem Abschluss Dr. rer. pol. (Doktor der Staats- und Wirtschaftswissenschaften)  und 3 ingenieurwissenschaftliche Arbeiten untersucht. Bis jetzt ist noch kein Doktor der Naturwissenschaften dabei. Hoffen wir, dass das so bleibt.



    Graphische Darstellung der auf Vroniplag untersuchten Arbeiten (Quelle der Abbildung: Vroniplag)

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