Donnerstag, 24. April 2014

New Developments in Chemical Nitrogen Fixation, Part 1

Neue Wege zur Stickstofffixierung - Teil 1

Pflanzen brauchen stickstoffhaltigen Dünger. Dünger benötigt man dringend zur weltweiten Nahrungsproduktion.  Einen Einblick in die damit zusammenhängenden Probleme erhält man zum Beispiel aus der Dokumentation "Hunger und Kommunikation" von B. Hedeler. Diese entstand als Begleitmaterial zur Ausstellung "Grüner Klee und Dynamit - Der Stickstoff und das Leben". Weitere Informationen fiondet man in der Präsentation "Fluch und Segen der Stickstoffdüngung" von M. Voß, F. Korth und J. Dippner vom Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde.
Reaktive Stickstoffverbindungen werden zur Herstellung von Düngemitteln, Sprengstoffen und Farbstoffen benötigt. In der Luft gibt es genug Stickstoff. Dieser liegt in Form Stickstoffmoleküls N2 vor. Es ist sehr schwer, dieses unreaktive Molekül in eine chemische Verbindung zu verwandeln, also zu "fixieren". Das klassische Verfahren dafür ist die Hochdrucksynthese nach Haber und Bosch. Diese gibt es seit 1910. Seitdem ist technologisch nicht viel neues auf diesem Gebiet passiert. Die Ammoniaksynthese wird bis heute mit dem Haber-Bosch-Verfahren ausgeführt.
Allerdings wurde und wird intensiv nach alternativen Wegen zur chemischen Aktivierung des Stickstoffmoleküls gesucht. Vol'pin und Shur berichteten 1964 über Untersuchungen zur Stickstofffixierung. Dazu behandelten Sie gasförmigen Stickstoff mit Lithiumaluminiumhydrid oder Grignardverbindungen als Reduktionsmittel in Gegenwart von Übergangsmetallsalzen. Die meisten der untersuchten Verbindungen zeigten gar keine oder nur geringe Umwandlungsraten des Stickstoffs in Ammoniak. Am besten funktionierte das System Titantetrachlorid und Triisobutylaluminium in Heptan. Dieses lieferte bei 150 atm  Druck 25% Ammoniak (M. E. Vol'pin, V. B. Shur, Doklady Akademii Nauk SSSR 156 (1964) 1102-1104). Durch Verwendung von Titanocendichlorid in Gegenwart von Magnesium-, Lithium- oder Aluminiumorganylen fanden sie eine noch bessere Möglichkeit zur Stickstofffixierung. Dieses System bildet innerhalb von 9 Stunden bei Raumtemperatur 0.67 mol Ammoniak aus 1 mol der Titanverbindung (M. E. Vol'pin, V. B. Shur, M. A. Ilatovskaya, Izvestiya Akademii Nauk SSSR, Seriya Khimicheskaya 9 (1964) 1728-1729). Diese Reaktion ist für eine industrielle Anwendung allerdings ineffektiv (zu langsam und kein katalytischer Umsatz).

Seitdem wurden zahlreiche neue Komplexverbindungen des Stickstoffs isoliert und durch Kristallstrukturanalyse charakterisiert.  Dafür nachfolgend einige Beispiele:
  • [Ru(NH3)5N2]X2 bildet sich aus wässrigen Lösungen von Rutheniumtrichlorid und Hydrazinhydrat bei 25 °C. A. D. Allen, C. V. Senoff, Chem. Commun. 1965, 621-622.
  • W. J. Evans , T. A. Ulibarri , J. W. Ziller: Isolation and x-ray crystal structure of the first dinitrogen complex of an f-element metal, [(C5Me5)2Sm]2N2, J. Am. Chem. Soc. 110 (1988) 6877–6879.
  • S. P. Semproni, C. Milsmann, P. J. Chirik: Side-on Dinitrogen Complexes of Titanocenes with Disubstituted Cyclopentadienyl Ligands: Synthesis, Structure, and Spectroscopic Characterization, Organometallics 31 (2012) 31, 3672–3682.
  • T. J. Mueller, M. E. Fieser, J. W. Zillera, W. J. Evans: (C5Me5H)1−-based reduction of dinitrogen by the mixed ligand tris(polyalkylcyclopentadienyl) lutetium and yttrium complexes,(C5Me5)3−x(C5Me4H)xLn, Chem. Sci. 2 (2011) 1992-1996 (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Struktur von Cp*2Y(N)2YCp*2 im Kristall.



Abbildung 2: Struktur von Cp*2Y(N)2YCp*2 im Kalottenmodell (van-der-Waals-Radien der Atome, gleiche Blickrichtung wie in Abbildung 1).

Bei den genannten Beispielen wurden zweikernige Komplexverbindungen mit seitlich gebundenem Stickstoff erzeugt. Dabei nutzte man häufig die große räumliche Abschirmung durch Pentamethylcyclopentadienylliganden (Abkürzung = Cp*) zur Stabilisierung dieser Komplexe. Wie gut das Stickstoffmolekül dabei im Inneren der Verbindung abgeschirmt ist, zeigt die Abbildung 2. Durch diese starke räumliche Abschirmung ist allerdings die Reaktivität des Stickstoffmoleküls in diesen Verbindungen stark eingeschränkt. So sind mit diesen Verbindungen kaum Folgereaktionen beschrieben, die zu einer sinnvollen Funktionalisierung des Stickstoffmoleküls führen. Eine Ausnahme davon stellt die Borylierung eines Stickstoffkompleses dar, die erst 2013 beschrieben wurde (S. P. Semproni, P. J. Chirik: Dinitrogen Borylation with Group 4 Metallocene Complexes, Eur. J. Inorg. Chem. 2013, 3907–3915). Dazu wird ein Zirconocen- oder Hafnocendiiodid (1) mit Natrium-Quecksilber-Legierung reduziert (Abbildung 3). Das dabei entstehende hoch reaktive Metallocen bildet einen zweikernigen Stickstoffkomplex (2). Dieser reagiert mit Pinakolboran (HBPin) unter Borylierung eines Stickstoffatoms. Das resultierende borylierte Produkt 3 kann mit weiteren Reagenzien umgesetzt werden. Dabei werden die aus dem gasförmigen Stickstoff stammenden Stickstoffatome in neu entstehende Verbindungen eingebaut.



Abbildung 3: Borylierung eines Stickstoffkomplexes nach Eur. J. Inorg. Chem. 2013, 3907–3915

Einen breiteren Überblick über die Stickstofffixierung erhält man aus folgendem Übersichtsartikel:  M. D.Fryzuk, S. A Johnson - The continuing story of dinitrogen activation, Coordination Chemistry Reviews, Volumes 200–202, 2000, 379–409. Dieser spiegelt recht gut den Wissensstand bis zum Jahr 2000 wieder.

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