Mittwoch, 28. November 2012

Elementares Fluor in der Natur!

Elementares Fluor

Das unfassbare Element Fluor, schwer herzustellen, hoch reaktiv und sehr gefährlich ist kürzlich in der Natur entdeckt worden. Doch zunächst einmal der Reihe nach. Wie stellt man Fluor überhaupt her?
Fluor, das Element mit der höchsten Elektronegativität ist in elementarer Form sehr schwierig herzustellen. Beim klassischen Verfahren erzeugt man zunächst einmal Fluorwasserstoff durch Einwirken von konzentrierter Schwefelsäure auf Calciumfluorid (Gleichung 1). Mit Hilfe von elektrischen Strom als Reduktionsmittel kann man dann den Fluorwasserstoff zum elementaren Fluor zu reduzieren (siehe Gleichung 2). Sieht einfach aus, erfordert aber einen hohen apparativen Aufwand, um das Fluor aufzufangen und dafür zu sorgen, dass es nicht sofort mit irgend etwas aus der Umgebung reagiert.


Es gibt auch ein rein chemisches Darstellungsverfahren von Fluor (siehe K. O. Christie, Inorg. Chem. 25, 1986, 3721). Hierbei erzeugt man zunächst ein Mangan(IV)-fluorid, welches in Form des MnF62- Anions stabilisiert vorliegt (Gleichung 3). Durch Reaktion des hergestellten K2MnF6 mit der starken Lewissäure SbF5 wird dem MnF6-Dianion Fluor entzogen und es entsteht das hochreaktive Mangantetrafluorid (Gleichung 4). Dieses ist nicht stabil und zerfällt sofort unter Abspaltung von elementarem Fluor. Sieht kompliziert aus und ist es auch.


Kürzlich entdeckten J. Schmedt et al. (Angew. Chemie 124, 2012, 7968), dass Fluor auch elementar in der Natur vorkommt. Sie konnten geringe Mengen dieses Elements in dem natürlichen Mineral Antozonit oder auch "Stinkspat" aus Wölsendorf in Bayern nachweisen. Es handelt sich um eine dunkel gefärbte fast schwarze Varietät des Flussspats (CaF2). Beim Zerreiben des Minerals tritt ein starker unangenehmer Geruch auf. Die Autoren konnten durch Festkörper-NMR-Spektroskopie zweifelsfrei nachweisen, dass dieses Mineral elementares Fluor enthält. Stinkspat kommt immer vergesellschaftet mit Uran- oder Thoriumerzen vor. Somit wird vermutet, dass die über lange Zeit einwirkende ionisierende Strahlung geringe Mengen des Calciumfluorids in Calcium und Fluor spaltet. Dies führt zur dunklen Farbe des Minerals durch gebildete Calciumcluster und zu kleinen Einschlüssen von elementarem Fluor im Mineral. Dieses wird beim Aufbrechen des Minerals frei gesetzt und führt zum charakterisctischen Gestank des Stinkspats. 

Samstag, 24. November 2012

Breaking Bad ist zurück

Wie kocht man Crystal Meth?

Diese Frage wird in der Serie "Breaking Bad" zwar nicht umfassend beantwortet, es gibt aber immer wieder Hinweise auf die verschiedenen Synthesemöglichkeiten. Mehr darüber findet man in den früheren Blogeinträgen mit dem Label "Breaking Bad". Mit Absicht werden von den Machern der Serie wichtige Details  ausgespart. So wird z.B. niemals erwähnt, dass das verwendete Methylamin ein Flüssiggas ist! Der Siedepunkt von  -6 °C erfordert schon besondere Maßnahmen in der Handhabung. Nebenbei wird auch einmal Thoriumnitrat erwähnt, welches Jesse besorgen soll (siehe Eintrag vom 3. November 2010). Dessen Beschafffung dürfte nahezu unmöglich sein, da es hoch giftig ist und für Konsumenten in keiner Form käuflich zu erwerben ist. Na gut, winzige Mengen waren füher in Glühstrümpfen für Gaslampen (also z.B. gasbetriebene Campinglaternen) enthalten. Aber falls man solche Glühstrümpfe überhaupt noch bekommt, dürfte es schwierig werden, die benötigte Menge Thoriumnitrat daraus zu gewinnen.

Die 4. Staffel der Serie kommt zur Zeit auf Arte, immer freitags. Bisher kam nicht viel Chemie vor. In der ersten Folge "Das Teppichmesser" werden einige Aspekte kurz angesprochen, aber nicht weiter erklärt. Walter: "Ich wette, er vergisst das Aluminium. Du hast nämlich keine Ahnung was Du da tust." Etwas später die Tirade von Walter: "Bitte sagen Sie mir: Katalytische Hydrierung, ist es protisch oder aprotisch? Ich habs nämlich vergessen. Und wenn unsere Reduktion nicht stereoselektiv ist, wie kann dann unser Produkt enantiomerenrein sein? Bei 1-Phenyl-1-hydroxy-2-methylaminopropan, das natürlich chirale Zentren an C1 und 2 der Propankette enthält, wird durch die Reduktion zu Methamphetamin welches chirale Zentrum eliminert? Ich habs nämlich vergessen."
(Kleine Aufgabe zum Knobeln am Wochenende. Wer Hilfestellung braucht, schaut die anderen Einträge mit dem Label "Breaking Bad" an.)


4. Folge "Abgehakt" (Bullet Points)
Hank Schrader zeigt Walter White und seinem Sohn sein neues Hobby - Minerale sammeln. Hank: "Das da ist Rhodonit, das ist Manganinosilikat." Walter White Junior: "Cool, wodurch ist das so rosa?" Hank: "Das kommt von dem Mangan, denn das - das oxidiert, so wie Rost." Walter ergänzt daraufhin - und hier kommt wieder der Highschool-Lehrer durch: "Genau, Mangan kann eine Oxidationsstufe zwischen -3 und +7 haben, wobei es sich immer anders verfärbt, violett, grün, blau. Aber die stabilste Stufe ist +2 und da ist es normalerweise blaßrosa, deshalb." Hank: "Genau, was auch immer er gesagt hat."
Im weiteren Verlauf der Folge blättert Walter das Notizheft des toten Gale durch, während er sich mit Hank unterhält, und man sieht kurz einige Formeln zur Methamphetamin-Synthese: Die Reduktion von 1-Phenyl-1-hydroxy-2-methylaminopropan mit Iodwasserstoff und rotem Phosphor und alternativ die gleiche Reaktion mit Lithium oder Natrium als Reduktionsmittel in flüssigem Ammoniak.



10. Folge "Prost!" (Salud)
Jesse, Gus und Mike sind nach Mexiko geflogen. Jesse soll den Mitarbeitern des mexikanischen Drogenkartells zeigen, wie man Meth kocht. Zuerst soll er Phenylessigsäure herstellen, hat jedoch keine Ahnung, wie das geht. Er sagt leise zu Gus: "Sehn Sie, ich hol meine Phenylessigsäure aus dem Faß mit der Biene drauf, dadurch weiß ich was ich nehmen muß." Der Chemiker des Kartells glaubt, dass Jesse keine Ahnung hat. Solche Unkenntnis kann tödlich enden! Jesse gelingt es jedoch, sich durch einen großmäuligen Auftritt aus der Situation zu retten. Er verlangt von den Kartellchemikern, dass sie ihm gefälligst die Phenylessigsäure herstellen. Schauen wir uns gleich mal an, wie man diese Verbindung aus einfachen Ausgangsstoffen herstellt. Entsprechende Arbeitsvorschriften findet man z.B. im Organikum.

 
Zunächst geht man von Toluen aus, welches radikalisch chloriert wird (Reaktion 1). Dabei braucht man Chlorgas, ein tödliches Atemgift. Die Anmerkung "SSS" auf dem Reaktionspfeil bedeutet, dass man diese Reaktion in Siedehitze und mit Sonnenlicht durchführt, damit die Seitenkette chloriert wird ("SSS-Regel"). Da es sich um eines radikalische Chlorierung handelt ist diese  nicht selektiv und es entsteht ein Produktgemisch, so wie in der Gleichung angedeutet. Aus diesem Produktgemisch muss man das Benzylchlorid abtrennnen. Dieses kann man dann weiter mit Natriumcyanid (ebenfalls ein tödliches Gift!) in verdünntem Ethanol zu Benzylcyanid umsetzen (Reaktion 2). Die letzte Reaktion (3) ist dann relativ harmlos und erfordert nur noch die Hydrolyse des Carbonsäurenitrils mit einer verdünnten Säure, dann hat man die gewünschte Phenylessigsäure.
Alternativ könnte man die Phenylessigsäure aus Mandelsäure durch Reduktion mit Kaliumiodid, rotem Phosphor und Phosphorsäure herstellen (siehe Gleichung 4). Die Mandelsäure dürfte allerdings hierfür viel zu teuer sein.



Umgang mit Chlorgas, Natriumcyanid und rotem Phosphor ist jedenfalls nichts für Laien am heimischen Herd. Entsprechende Versuche dürften im wahrsten Sinne tödlich enden. Also Finger weg von diesen Synthesen!



Links:

Mittwoch, 21. November 2012

Supramolekulare Verbindungen - vom Spielzeug zum Werkzeug


In den achtziger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts betrachtete man die supramolekulare Chemie etwas lächelnd als Spielplatz der Organiker. Damals probierten diese große neuartige Strukturen aufzubauen, für die es zwar Vorbilder im Legokasten, aber nicht unbedingt in der Natur gab. Inzwischen ist diese Disziplin, vielleicht noch nicht erwachsen, aber auf jeden Fall ernst zu nehmen. Die Bauprinzipien der supramolekularen Chemie sind einerseits aus der Koordinationschemie entlehnt, indem man mehrfach funktionalisierte Liganden mit geeigneten Metallatome zu Komplexverbindungen verknüpft. Andererseits werden auch aus der Natur bekannte Wecheselwirkungen genutzt, wie z.B. Wasserstoffbrückenbindungen.

Aber vielleicht der Reihe nach. Zunächst erst einmal: Was ist supramolekulare Chemie? Man versteht darunter die Chemie jenseits des Moleküls oder anders ausgedrückt die Chemie der intermolekularen Wechselwirkungen, also der Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Molekülen. Moleküle "erkennen" einander durch eine komplizierte Kombination von geometrischen und chemischen Faktoren. Die eingängigste und bekannteste Erklärung der molekularen Erkennung ist wohl das "Schlüssel-Schloss-Prinzip". Dieses Prinzip wurde bereits 1894 von Emil Fischer für die Wechselwirkung von Enzymen mit Substraten formuliert. Genau dieses Schlüssel-Schloss-Prinzip liegt auch den supramolekularen Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Molekülen zugrunde. Wenn zwei Moleküle einen supramolekularen Komplex bilden sollen, so müssen sie geometrisch zueinander passen und überdies geeignete Gruppen für gegenseitige Wechselwirkungen besitzen. Solche Wechselwirkungen können z.B. Wasserstoffbrückenbindungen, Halogen-Halogen-Wechselwirkungen, pi-pi-Wechselwirkungen zwischen Aromaten oder Komplexbildungsreaktionen zwischen Metallkationen und geeigneten organischen Ligandmolekülen sein. Die entstehenden Strukturen können sehr unterschiedliche Topologien, also Verknüpfungen der Bausteine, aufweisen. So gibt es zwei- und dreidimensionale Netzwerke, Helices und alle möglichen anderen denkbaren Varianten. Die nachfolgende Abbildung zeigt nur einige Varianten auf.

quadratisches zweidimensionales
Netzwerk
hexagonales zweidimensionales
Netzwerk
dreidimensionales 
Netzwerk
Helix

Es gibt inzwischen durchaus vielversprechende Anwendungen supramolekularer Verbindungen. Anwendungen, die vielleicht mit konventionellen Molekülen nicht erreicht werden können. Gerade wenn es um "Erkennung" von Molekülen im Sinne eines analytischen Nachweises geht, können supramolekularen Verbindungen anderen Problemlösungen überlegen sein . Dazu nachfolgend einige Beispiele aus der Literatur.
An dieser Stelle werden bewusst keine chemischen Formeln oder Reaktionsgleichungen benutzt, sondern nur einige Illustrationen eingesetzt. Wer es genauer wissen will, schaut bitte in die angegebene Originalliteratur. 



Detektion von Explosivstoffen
TNT und andere nitrierte Aromaten können mit geeigneten rein organischen supramolekularen Einheiten detektiert also nachgewiesen werden. Wichtig im Antiterrorkampf!

Fluorescent Porous Polymer Films as TNT Chemosensors:  Electronic and Structural Effects; J. Am. Chem. Soc., 120, 1998, 11864–1187.
Detection of Explosives with a Fluorescent Nanofibril Film; J. Am. Chem. Soc., 129, 2007, 6978–6979.




Die Abtrennung von Actinoiden und Lanthanoiden aus nuklearem Abfall
ist ein sehr wichtiges Thema. Egal ob es sich um Abfälle aus einem Reaktorunfall oder um die routinemässige Aufarbeitung von Rückständen aus der Kerntechnik handelt, ein wirklich selektiv funktionierendes Verfahren zur Abtrennung einzelner Elemente wäre höchst willkommen.
‘CMPO-substituted’ calix[4]arenes, extractants with selectivity among trivalent lanthanides and between trivalent actinides and lanthanides; Chem. Commun., 1998, 1627-1628.
Multicoordinate ligands for actinide/lanthanide separation;
Chem. Soc. Rev., 36, 2007, 367-377.




Andere Anwendungen im Bereich der Umwelanalytik sind ebenfalls möglich und werden in diesem Übersichtsartikel ausführlich besprochen: Supramolecular complexation for environmental control (M. Teresa Albelda , Juan C. Frías , Enrique García-España and Hans-Jörg Schneider, Chem. Soc. Rev., 41, 2012, 3859-3877)




Von supramolekularen Verbindungen zu MOF

Die in den letzten Jahren so hoch geschätzten MOFs ("Metal Organic Frameworks") sind auch nichts anderes als supramolekulare Verbindungen. Hier ein Link mit weiter führenden Informationen: Synthese und Anwendungen von mit supramolekularen Templaten hergestellten mesoporösen Materialien (Jackie Y. Ying, Christian P. Mehnert, Michael S. Wong: Angewandte Chemie, 111, 1999, 58–82)




Ein Ausblick in die Zukunft, also was man alles mit supramolekularen Verbindungen noch so anstellen kann zeigt der Artikel von Euan R. Kay, David A. Leigh Prof., Francesco Zerbetto: Synthetische molekulare Motoren und mechanische Maschinen
Angew. Chem. 2007, 119, 72 – 196.



Weiter Links:

Mittwoch, 31. Oktober 2012

Solarzellen-Tuning mit Spinat


Der Seemann Popeye erlangt durch den Genuß von Spinat ungenheure Kräfte. Was bei Popeye hilft, kann auch bei Solarzellen nützlich sein. In einer Publikation in Advanced Materials teilen Gabriel LeBlanc et al. mit, wie sie durch Kombination von p-dotierten Solarzellen mit dem Photosystem I zu leistungsfähigeren Solarzellen gelangen wollen. Das Photosystem I sorgt in grünen Pflanzen für die effektive Aufnahme von Lichtenergie (Quantenausbeute von nahezu 100%!). Das benötigte Photosystem I wurde aus handelsüblichem Babyspinat gewonnen. Durch die Kombination des anorganischen Materials Silicium mit dem Biomaterial schaffen die Autoren eine Biohybrid-Solarzelle (Link: G. LeBlanc, G. Chen, E. A. Gizzie, G. K. Jennings, D. E. Cliffel - "Enhanced Photocurrents of Photosystem I Films on p-Doped Silicon", Advanced Materials, 2012, DOI: 10.1002/adma.201202794).



 Popeye-Zeichnung von Segar

In diesem Zusammenhang sind auch folgende Übersichtsartikel zu Bionanokompositen und zur Integration von photoschaltbaren Proteinen, photosynthetischen Reaktionszentren und Halbleiter-Biomolekül-Hybridmaterialien von Interesse. Diese beiden Artikel umreissen möglicherweise einen neuen Trend in der Materialforschung der nächsten Jahre.
  • F. Wang, X. Liu, I. Willner: Integration of Photoswitchable Proteins, Photosynthetic Reaction Centers and Semiconductor/Biomolecule Hybrids with Electrode Supports for Optobioelectronic Applications, Advanced Materials, 2012, DOI: 10.1002/adma.201201772
  • M. Darder, P. Aranda, E. Ruiz-Hitzky: Bionanocomposites: A New Concept of Ecological, Bioinspired, and Functional Hybrid Materials, Advanced Materials, 2012, DOI: 10.1002/adma.200602328
Es gibt allerdings einige Bedenken und Einwände gegen diese Art von Hybridmaterialien: Wie langzeitstabil ist das Biomaterial im Dauereinsatz? Was passiert wenn die Sonne so richtig auf die Solarzelle brennt und diese sich immer weiter erwärmt? Hier gibt es also sicher noch viel zu tun, bis tatsächlich kommerziell verwertbare Solarzellen entstehen.

    Dienstag, 16. Oktober 2012

    How to build a potato cannon, a tennis ball mortar and other explosive devices

    Hinterhof-Ballistik - Wie baut man eine Kartoffelkanone, einen Tennisballmörser und andere explosive Apparate


    Ob Vorschriften zum Bombenbau im Internet strafbar sind, konnte ich immer noch nicht abschließend klären. Die Gesetzeslage scheint hier verzwickt, vor allem im Hinblick auf mögliche terroristische Straftaten gab es 2010 eine Verschärfung des Strafrechtes. Nachfolgend ein paar Links zu den Gesetzesänderungen und einem Gerichtsurteil von 2011:
    Aber auf jeden Fall gibt es die tollsten Bücher zu dem Thema zu kaufen. Hier ein Beispiel: Backyard Ballistics: Build Potato Cannons, Paper Match Rockets, Cincinnati Fire Kites, Tennis Ball Mortars and More Dynamite Devices von William Gurstelle. Das Werk hat soeben eine erweiterte Neuauflage erfahren. Hier einige Auszüge aus der Inhaltsbeschreibung des Verlags: "Dieser Bestseller aus dem do-it-yourself-Bereich enthält nunmehr neue Projekte, mit denen normale Typen 16 einrucksvolle ballistische Apparate in ihrer Garage oder ihrer Kellerwerkstatt bauen können. Für die Schritt-für-Schritt-Anleitungen benötigt man lediglich preiswerte Haushaltsgegenstände oder Dinge aus dem Baumarkt. ... Die klassische Kartoffelkanone hat jetzt einen bösen Zwillingsbruder - die piezoelektrische Knollenkanone. Der beliebte Tennisballmörser ist ebenso enthalten wie die elektromagnetische Rohrkanone. ... Mit dem Schwerpunkt auf Sicherheit gibt das Buch auch Hinweise auf Problemlösungen und erklärt die Physik hinter den Projekten. ..."
    Die Inhaltsbeschreibung klingt jedenfalls faszinierend.




    Ich rate hiermit jedermann dringend davon ab, irgend etwas aus diesem Buch nachzubauen! Was in den USA als kleiner Scherz zum 4. Juli durchgehen mag, verstößt in Deutschland gegen das Sprengstoffgesetz und andere Gesetze. Auch eine Kartoffelkanone verstößt gegen das Waffengesetz in Deutschland, siehe diesen Artikel bei Spiegel Online.
    Also hier noch einmal der Hinweis: Nichts aus dem Buch nachbauen oder ausprobieren! 

    Nachtrag Dezember 2013:
    Weitere Bücher zu diesem Thema sind: "Mini Weapons of Mass Destruction". Hiervon gibt es drei Teile (siehe Abbildungen). Diese Bücher haben zwar einen martialischen Titel, beinhalten aber doch eher harmlose Waffen für den "Krieg" in Büro oder Klassenzimmer.

    Dienstag, 9. Oktober 2012

    ultra-pure silicon from biogenic sources for crystalline solar cells

    Hochreines Silicium aus nachwachsenden Rohstoffen

    In einer Pressemitteilung teilt die Firma Mayaterials mit, dass sie die Produktion von ultrareinem Silicium aus biogenen Quellen aufgenommen hat. Das Silicium soll eine Reinheit von 99.9999% besitzen und einen extrem geringem Gehalt an Schwermetallen aufweisen. Das neuartige Herstellungsverfahren soll weniger Chemikalien und Energie benötigen als der traditionelle Siemensprozess. Bei dem neuartigen Verfahren werden landwirtschaftliche Abfälle in hohreines Silicium für photovolatische und elektronische Anwendungen umgewandelt. Die Produktionskosten sollen deutlich niedriger sein als bei der konventionellen Siliciumproduktion. [Den Text der Pressemitteilung findet man hier.]

    [Etwas ausführlichere Informationen gibt es bei chubbybrain.com:]
    "Das energieeffiziente und umweltfreundliche Verfahren zur Herstellung von Solarsilicium geht von Reisschalen und anderen  Getreidebestandteilen aus. Diese enthalten einen verhältnismäßig großen Anteil an Siliciumdioxid, den die Pflanzen aus dem Boden aufgenommen haben. Das Silicumdioxid kann in hochreiner Form aus der Asche der Reisschalen gewonnen und zur Produktion von Spezialchemikalien verwendet werden. Auf diese Weise kann auch Solarsilicium aus diesen Rohstoffen gewonnen werden.
    Der große Vorteil dieser Technologie besteht darin, dass das hochreine Silicium direkt aus landwirtschaftlichen Nebenprodukten gewonnen werden kann. Dabei werden energieintensive Verfahren wie beim Siemensprozess vermieden. Das neue Verfahren verwendet ein häufig vorkommendes Abfallprodukt der landwirtschaftlichen Produktion, um aus einem nachwachsenden Rohstoff in einem energieefizienten Verfahren ein wertvolles Produkt zu niedrigen Kosten unter minimaler Beeinflussung der Umwelt herzustellen." [Das ist der Werbetext von chubbybrain, deshalb kommen hier gleich alle Schlagworte auf einmal... Weiter geht es wie folgt:] "Die gegenwärtige Produktion von kristallinen Solarzellen ist durch das Angebot an polykristallinem Silicium begrenzt. Der innovative Prozess von Mayaterials wird es den Photvoltaikherstellern ermöglichen, die Produktion bei voller Kapazität laufen zu lassen. Es wird keine Engpässe beim Angebot an Rohmaterial mehr geben und Solarenergie wird zu niedrigeren Kosten pro kWh als gegenwärtig zu erhalten sein. Außerdem ist der vorgschlagene Prozess umweltfreundlicher, da er deutlich weniger Energie verbraucht und weniger giftige Chemikalien benötigt als die existierenden Verfahren."

    Das Forschungsprojekt wird auf einer Webseite des U.S. Department of Energy, Abteilung Energy Efficiency & Renewable Energy in einer Präsentation vorgestellt:
    Beim Klicken auf das Bild wird die Präsentation in einem neuen Fenster geöffnet.


    Die Rechte an dem Verfahren sind mit dem Patent "LOW COST ROUTES TO HIGH PURITY SILICON AND DERIVATIVES THEREOF" gesichert. Dieses ist z.B. auf folgenden Webseiten abrufbar:
    An dieser Stelle in Kurzform eine Variante des neuartigen Verfahrens aus dem Patent:
    • Reisschalen mit einer Dichte von 0.2 g/cm3 werden in 10%iger Salzsäure eine halbe bis eine Stunde gekocht
    • Anschließend waschen mit Reinstwasser
    • Erhitzen auf 900 °C in Argon mit 1% Chlorwasserstoff. Dabei entsteht ein C:SiO2-Verhältnis von ca. 4:1
    • Oxidation bei 950 °C in 5% CO2. Das C:SiO2 Verhältnis beträgt danach ca. 2:1
    • Mischen bzw. Vermahlen mit Zucker
    • Kompaktieren, Pelletieren
    • Erhitzen in Argon, dabei entsteht das hochreine Silicium

      Montag, 8. Oktober 2012

      world's largest diamond deposit in the popigai crater in russia

      Das größte Diamantenvorkommen der Welt


      soll sich im Norden Russlands befinden, genauer gesagt zwischen den Regionen Krasnojarsk und Jakutien. Dort befindet sich der etwa 100 Kilometer große Popigai-Krater. Dieser entstand vor ca. 35 Millionen Jahren durch einen Asteroideneinschlag. Das Gebiet wurde 1970 bereits durch sowjetische Wissenschaftler untersucht. Die Geologen entdeckten damals winzige Diamanten, die durch den Einschlag des Asteroiden im vorhandenen Gestein gebildet wurden. Diese sind hauptsächlich als technische Diamanten geeignet, nicht als Schmuckdiamanten. Das Vorkommen wurde damals jedoch nicht erschlossen. Die Sowjetunion war damals darauf aus, technische Diamanten künstlich herzustellen. Technische Diamanten sind verhältnismäßig preiswert.
      Angeblich weisen die Diamanten aus dem Popigai-Krater eine deutlich höhere Schleifwirkung auf als synthetische und andere natürliche Diamanten. Sie sollen härter und dichter als gewöhnlicher Diamant. Damit würden diese Diamanten für die Werkzeugindustrie hoch interessant sein. Es ist beabsichtigt, das Vorkommen in nächster Zeit genauer zu untersuchen und eventuell zu erschließen.
      Diese Meldungen flatterten über die Nachrichtenagentur RIA Novosti herein und wurden auf mehreren Webseiten veröffentlicht: "Krater-Vorkommen - Auf Diamantenjagd in Sibirien" , RIA Novosti (am 17. September 2012), Russland HEUTE (am 18. September 2012), bei Trends der Zukunft unter der Überschrift "Russian Diamonds - Russland findet größtes Diamanten-Vorkommen der Welt" (am 19. September 2012) und  Diamonds Beneath the Popigai Crater - Northern Russia auf geology.com.

      Popigai-Krater in Sibirien (Quelle: Wikipedia)

       
      Gunnar Ries setzt sich in seinem Blog kritisch mit diesen euphorischen Berichten auseinander: "Impaktdiamanten am Popigai Krater" (24. September 2012).
      Als Erklärung für die angeblich so besondere Härte der Popigai-Diamanten vermutet er, dass diese Diamanten neben der normalen Diamantstruktur das Mineral Lonsdaelit enthalten könnten. Dabei handelt es sich um ein sehr seltenes Mineral, bei dem der Kohlenstoff im hexagonalen Kristallsystem auftritt. Reiner Lonsdaelit soll deutlich härter sein als Diamant. Dazu gibt es verschiedene Veröffentlichungen und Berichte:

      Zum Abschluß an dieser Stelle noch zwei Links zur geologischen Struktur und Erkundung des Popigai-Kraters. Verpassen Sie nicht die fantastischen Fotos!


        Donnerstag, 4. Oktober 2012

        LGBT rights at universities

        Ein neuartiges Ranking von Universitäten


        An verschiedene Ranking-Systeme für Universitäten und universitäre Studiengänge haben wir uns in Deutschland ja schon gewöhnt. Am bekanntesten ist wohl das CHE-Ranking welches regelmäßig in "Der Zeit" veröffentlicht wird.

        Gänzlich neue Aspekte des Rankings liefert die Webseite "Gay by Degree". Hier wird die Qualität der Universitäten (in Großbritannien) für Lesbische, Schwule, Bisexuelle und alle "Dazwischen" evaluiert. Die Universitäten werden mit einer zehn-Punkte-Checkliste überprüft und bewertet.

        Als erster (bescheidener) Schritt in diese Richtung kann das Hochschulranking nach Gleichstellungsaspekten gesehen werden. Soweit ich sehe, bezieht man sich hierbei aber nur auf die Gleichstellung von Frauen und ignoriert LGBT gänzlich. Da haben wir ja noch einigen Nachholebedarf im Ranking-Geschehen ...

        Quellen:

        Sonntag, 24. Juni 2012

        Cutting Edge Chemistry


        In letzter Zeit habe ich mehrfach über "Bad Science" berichtet. Hier mal zur Abwechslung etwas Positives: Der Artikel "Cutting Edge Chemistry 2011" auf der Webseite Chemistry World der Royal Society of Chemistry versammelt wirkliche Highlights, bedeutende Entdeckungen und interessante zukunftsträchtige Moleküle.
        Unter anderem findet man dort kurze Berichte über:
        • DNA die so modifiziert wurde, dass sie sich nicht in der freien Natur replizieren kann. Sozusagen eine Sicherheitsschranke, damit genmanipulierte Lebewesen nicht "ausbrechen" können.
        • ein "molekulares Auto" ("Nanocar")
        • ein künstliches Blatt
        Der Bericht enthält zahlreiche Links zu den Originalarbeiten. 


        Sonntag, 3. Juni 2012

        predatory scholarly open-access publishers

        Open Access


        Nicht alle Open-Access Publisher arbeiten uneigennützig. Es gibt sogar einige, die den Open Access-Gedanken in ausbeuterischer (oder unternehmerischer) Weise zum Geld verdienen benutzen. Eine ausführliche Liste solcher Anbieter findet man hier:

        Beall's List of Predatory, Open-Access Publishers by Jeffrey Beall.

        [Link im August 2013 aktualisiert.]

        Sonntag, 26. Februar 2012

        Der Todesstoß für Biokraftstoffe in Deutschland?

        Hartmut Michel vom Max Planck Institut für Biophysik in Frankfurt am Main diskutiert im Editorial der Angewandten Chemie über den Sinn oder Unsinn der Produktion von Biokraftstoffen. Er kommt dabei zu interessanten Schlußfolgerungen. Zunächst betrachtet er die Energieeffizienz der Photosynthese. Diese ist durchaus nichtg so hoch, wie man vielleicht glaubt. So werden zum Beispiel UV-, IR-Strahlung und das grüne Licht von den Pflanzen nicht genutzt. Damit bleibt ein großer Teil des Sonnenlichtes ungenutzt. Nach Elektronentransfer, Hell- und Dunkelreaktion werden etwa 12% der Energie des Sonnenlichtes in Form von NADPH gespeichert. Weitere inherente Probleme der Photosynthese betreffen die Schädigung der Proteinunterheinheiten des photosynthestischen Apparates durch hohe Lichtinitensitäten und Unzulänglichkeiten bei der Unterscheidung zwischen Sauerstoff und Kohlendixoid. 3,5 Milliarden Jahre Evolution haben nicht ausgereicht, diese Probleme zu bewältigen, so dass die Effizienz der photosynthetischen Lichtenergieumwandlung letztendlich bei ca. 4,5% liegt.  Bei schnell wachsenden Hölzern wie z.B. Pappeln liegt die Effiezienz etwa bei 1%.  Nun könnte man fragen ob Professor Michel übehaupt weiss, wovon er da redet. Ich denke schon, schließlich erhielt er 1988 zusammen mit Johann Deisenhofer und Robert Huber den Nobelpreis für Chemie für die Aufklärung der Molekülstruktur des Reaktionszentrums der Photosynthese im Purpurbakterium Rhodopseudomonas viridis.
        Im Weiteren rechnet der Autor vor, wieviel von der Energie des Sonnenlichtes letztendlich im Biokraftsotff gespeichert wird: "Für deutschen Biodiesel, der aus Rapssamen hergestellt wird, sind das weniger als 0.1%, für Bioethanol weniger als 0.2% und für Biogas etwa 0.3%." Davon muss man noch einmal mehr als die Hälfte abziehen, für die Energie die für die Herstellung der Biomasse benötigt wird (Ernte, Verarbeitung, Dünger, Pestizide...).

        Der Artikel enthält einige interessante Schlußfolgerungen:
        "Die Produktion von Biokraftstoffen stellt eine extrem ineffiziente Nutzung der verfügbaren landwirtschaftlichen Fläche dar."
        "Wir sollten auf den Anbau von Pflanzen für die Herstellung von Biokraftstoffen verzichten."
         "Die Verbesserung der Photosynthese, ein für die Sicherstellung einer ausreichenden
        Lebensmittelproduktion höchst erstrebenswertes Ziel, kann an der Überlegenheit der Kombination Photovoltaikzelle/elektrische Batterie/Elektromotor nichts ändern."



        Abbildung:  Photosynthetisches Reaktionszentrum aus Rhodopseudomonas viridis (Abbildung erzeugt mit der Protein Data Bank).
        Literatur: "Crystallographic refinement at 2.3 A resolution and refined model of the photosynthetic reaction centre from Rhodopseudomonas viridis." J. Deisenhofer, O.  Epp, I. Sinning, H. Michel,  J.Mol.Biol. 246 (1995) 429-457
        PubMed: 7877166  
        DOI: 10.1006/jmbi.1994.0097  


        Weitere Links:


        Als Kommentar zur Unwirtschaftlichkeit von Biokraftstoffen siehe auch diesen Bericht bei Telepolis: "Synthetischer Biokraftstoff vorerst am Ende". Die Firma Choren in Freiberg wollte aus Holzabfällen Dieselkraftstoff erzeugen. Ein entsprechendes Verfahren auf Basis von Holzvergasung und Synthesegas war bereits entwickelt worden. Allerdings war der erzeugte Krsftstoff zu teuer.
        Übrigens sind die Technologien, die diesem Verfahren zu Grunde liegen, bereits lange bekannt. Die Hydrierung von Kohle wurde 1913 von Bergius entwickelt und die Fischer-Tropsch-Synthese ca. 1925.

          Donnerstag, 23. Februar 2012

          ... Inzwischen in Deutschland: Die Pikrinsäurehysterie greift um sich

          Eher eine amüsante Beschreibung der Ereignisse im Jahr 2008 zu Entsorgung von Pikrinsäurerückständen in deutschen Schulen. PDF-Dokument bei der Vereinigung der Oberstudiendirektoren der Gymnasien im Saarland (VOS).

          Ähnliche Vorgehensweise übrigens in den USA: Absperrung, Evakuierung, Bombenräumkommando, kontrollierte Sprengung, viel Aufregung in den Medien.
          Hier der Link dazu: Internet Discovers 100g of Dry Picric Acid

          Am Schluss noch eine historische Verwendung für Pikrinsäure:
          als Verhütungsmittel in Tampons ?!?

          Donnerstag, 16. Februar 2012

          Nachtrag zum tödlichen Unfall von Sheri Sangji

          Das United States Chemical Safety Board (CSB) veröffentlichte kürzlich ein Sicherheitsvideo über Gefahren bei der Arbeit in chemischen Forschungslaboratorien. In dem 24-minütigen Video werden drei Laborunfälle in den USA ausgewertet:
          • der Tod der Forschungsassistentin Sheri Sangji in Folge eines Feuers an der University of California Los Angeles (UCLA)
          • der Tod einer Professorin am Dartmouth College aufgrund einer versehentlichen Vergiftung mit winzigen Mengen Dimethylquecksilber
          • die Explosion an der Texas Tech University (TTU), bei der ein Graduate Student bei Experimenten mit "hochenergetischen Materialien" (vulgo: Sprengstoffe) drei Finger verlor und Augenschäden davon trug
          Video auf der Webseite des CSB: "Experimenting with Danger"

          Video bei Youtube:



          Verwandte Themen:

          Mittwoch, 15. Februar 2012

          Todesfall beim Umfüllen von tert-Butyllithium

          Es gehört nicht viel dazu, dass sich die alltägliche Arbeitsumgebung in eine brennende Hölle verwandelt. Ein wenig Unachtsamkeit in der Laborroutine reichen aus.
          Es genügen zum Beispiel eine Spritze, die Feuchtigkeitsspuren enthält und eine unachtsam stehen gelassene Flasche Hexan. Diese beiden Komponenten waren an dem tödlichen Unfall beteiligt, der sich im Dezember 2008 in einem chemischen Laboratorium der University of California at Los Angeles (UCLA) ereignete. Eine 23jährige Forschungsassistentin mit einem Bachelorabschluss in Chemie und bereits einigen Jahren Berufserfahrung wollte an diesem Tag t-Butyllithium mit Vinylbromid umsetzen. Sie arbeitet an einer Inertgasanlage in einem Abzug und zog das t-Butyllithium mit einer Plastikspritze auf. Dabei sprang der Kolben der Spritze heraus und das austretende t-Butylltihium entzündete sich sofort. 
          Wodurch der Kolben aus der Spritze heraussprang, konnte nachträglich nicht mehr geklärt werden. Möglicherweise enthielt die Spritze Feuchtigkeitsspuren, die durch Reaktion mit dem Lithiumorganyl zu einer Gasentwicklung führte. Oder die Mitarbeiterin zog die Spritze aus Versehen zu weit auf. 
          Im Abzug stand noch eine offene Flasche Hexan herum. Die Mitarbeiterin Sheri Sangji stieß diese Flasche aus Versehen um, so dass das Hexan herauslief und sich ebenfalls entzündete. Frau Sangji erlitt dabei schwere Verbrennungen am Oberkörper, den Händen und dem Hals. Trotz Behandlung in einer Spezialklinik für Verbrennungen starb sie 18 Tage später an den Folgen ihrer Verletzungen.

          Quelle: Chemical and Engineering News vom 03.08.09

          Eine Kurzfassung des abschließenden Berichts vom California's Division of Occupational Safety and Health und Diskussion der Verhältnisse im Chemistry Department der UCLA findet man bei Science Careers Blog in Einträgen vom Januar 2012.

          Der tragische Unfall wird auch bei The Curious Wavefunction diskutiert, in einem älteren Beitrag geht es unter anderem um die Verantwortung des Professors in diesem Fall.
           
          In den verschiedenen Berichten werden mehrfach die von Sigma-Aldrich zur Verfügung gestellten "Technical Bulletins" erwähnt. Es handelt sich dabei um Handling Air-Sensitive Reagents (AL-134) und "Handling Pyrophoric Reagents (AL-164)". Eine Gesamtübersicht über alle verfügbaren Arbeitsvorschriften von Sigma-Aldrich findet man hier.  

          Nachtrag Juni 2013:
          Aktuelle Nachrichten zum Gerichtsverfahren bei ChemistryWorld: UCLA chemist to stand trial for safety violations linked to Sheri Sangji death, von Rebecca Trager.


          Mittwoch, 1. Februar 2012

          Putin - Dissertation - Plagiat ?


          Aufmerksame Leser des Postes vom 1. Januar haben sicher mitbekommen, dass die Story über die möglicherweise plagiierte Dissertation von Wladimir Putin bereits 2006 ans Licht der Öffentlichkeit kam. Nun zumindest für mich war die ganze Sache neu und wirft doch eine interessantes Licht auf den unterschiedlichen Umgang mit solchen Dingen. Während in Deutschland der Titel aberkannt wird und der betreffende Politiker auch durchaus (manchmal) zurücktritt, interessiert das in Russland wohl offensichtlich überhaupt niemanden. 

          Hier noch ein paar Fragen, die sich aus dem Fall ergeben:
          Wer ist dieser Clifford Gaddy?
          Arbeitet er im Auftrag der CIA um Russland zu destabilisieren?
          Clifford Gaddy arbeitet beim regierungsfernen Brookings Institut und ist kein CIA Agent. Das Center for Defence Information, auf dessen Webseite die Story vom Putin-Plagiat zuerst veröffentlicht wurde ist ebenfalls eine unabhängige Institution, die von Regierungseite und von Rüstungsfirmen keine Gelder annimmt (siehe "Mission Statement" des CDI).
          Quelle: Tagesspiegel 19.04.2006

          Über die Geschichte wurde auch in Russland berichtet, allerdings wohl ohne große Resonanz. Hier ein englischsprachiger Artikel aus der online-Version des "Kommersant" einer russischen Tageszeitung.

          Sonntag, 22. Januar 2012

          Bibliometrische Indikatoren

          Journal Impact Factor

          Bewertet die Zitierhäufigkeit von Zeitschriften. Grob gesagt gilt, je höher der Journal Impact Factor einer Zeitschrift ist, desto öfter werden darin enthaltene Artikel zitiert. Genauere Erläuterungen findet man auf Wikipedia, bzw. einen ausführlicheren Artikel im englischsprachigen Wikipedia-Eintrag.

          Essays Über den Impact Factor gibt es auf der Webseite von Thomson Reuters.

          Eine etwas ältere Liste mit Impact Factoren wissenschaftlicher Zeitschriften findet man auf der Webseite AbhayJere.com.

          Hirsch-Index (h-Index, Hirsch-Koeffizient)


          Dieses bibliometrische Maß  bewertet die Häufigkeit der Zitierung eines Autors. Nähere Erläuterungen bei Wikipedia und bei Web of Knowledge.

          Sonntag, 15. Januar 2012

          "Höhepunkte" der Atomforschung in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts

          In den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts herrschte durchaus Begeisterung für die Kräfte der Kernspaltung und in diesem Zusammenhang wurden Dinge diskutiert und auch einfach mal ausprobiert, die heute unvorstellbar sind. Dafür zwei Beispiele:

          Im streng geheimen Projekt A119 plante die US-Air-Force Ende der 1950er Jahre, als Beweis der technischen Überlegenheit der USA auf dem Mond eine Atombombe zu zünden. Diese sollte mit einer Trägerrakete auf den Mond gebracht und in der Nähe der Tag-und-Nachtgrenze gezündet werden, damit man die Exlosionswolke auch schön von der Erde aus sieht. Das Projekt wurde später allerdings verworfen, da man von einer bemannten Mondlandung eine sehr viel bessere Wirkung in der US-amerikanischen Öffentlichkeit erwartete. 
          (Abbildung links: Titelblatt der streng geheimen Studie des Air Force Special Weapons Center in New Mexico, in dem der Abwurf einer Atombombe auf dem Mond diskutiert wird. Quelle der Abbildung: Wikipedia)



          Die andere Seite war auch indes auch nicht untätig und bastelte an immer gewaltigeren Bomben. Die größte jemals von Menschen erzeugte Explosion verursachte die sowjetische Wasserstoffbombe AN602, auch "Zar-Bombe" genannt. Die Zündung dieser atomaren Explosion erfolgte im im Oktober 1961 über dem Testgeände auf der Insel Nowaja Semlja im Nordpolarmeer. Der Atompilz erreichte kurzzeitig eine Höhe von etwa 64 km und die von der Bombe erzeugte Druckwelle umrundete mehrfach die Erde. Sie war so stark, dass sie noch bei der dritten Umrundung der Erde messbar war! Es handelte sich um die stärkste jemals von Menschen verursachte Geoaktivität!
          Bei der Zar-Bombe handelte es sich um eine Wasserstoffbombe im Teller-Ulam-Design. Die erste Stufe bildet eine Atombombe, bei der die Energie durch Spaltung von Uran-235 erzeugt wird. Diese Energie wird genutzt. um Tritium (ein Isotop des Wasserstoffes) oder Lithiumdeuterid zur Fusion zu bringen. Das ist die zweite Stufe der Bombe. Die dritte Stufe besteht aus einem Mantel aus Uran. [Die Erklärung ist grob vereinfacht, bessere Erklärungen findet man unter den oben angeführten Links.]


          Bilder von der Explosion gibt es auf dieser russischen Webseite.

          Einen Film der Explosion findet man auf Youtube:



          Sonntag, 1. Januar 2012

          Nachtrag zu Bad Science

          Übrigens soll auch die Dissertation von Wladimir Putin Plagiate enthalten. Die Story findet man unter der Überschrift: "It All Boils Down to Plagiarism - An interview with Brookings Senior Fellow Clifford Gaddy". Das Interview liest sich am Anfang wie ein Spionageroman - bevor das ganze ins Skurrile kippt. Der Begriff Spionageroman passt übrigens ganz gut, da die Geschichte auf der Webseite des "Center for Defense Information" veröffentlicht wurde.  
          Hier eine kurze und nicht wörtlich übersetzte Zusammenfassung des Interviews: 
          Glifford Gaddy beschäftigte sich mit der Zukunft der Öl- und Gasindustrie in der russischen Ökonomie. Im Russischen wird dieses Problemfeld umschrieben mit "der Frage nach der Reproduktion der Rohstoffbasis". Genau über dieses Thema hat Wladimir Putin eine Disseration geschrieben. Sie trägt den Titel "Die strategische Planung der Reproduktion der Rohstoffbasis" (“The Strategic Planning of the Reproduction of the Resource Base,” a case study in St. Petersburg and Moscow). Da das zum Thema von Gaddys Forschungsarbeiten passte, machte er sich auf die Suche nach dieser Dissertation.
          Er hörte, das es sehr schwierig, oder gar unmöglich sei, an die Dissertation heran zu kommen. Also schaute er zunächst was Andere über diese Dissertation geschrieben haben. Wie es scheint, hat jedoch niemals diese Arbeit gelesen, oder daraus zitiert. Es existiert lediglich ein Artikel von Putin selbst in der Zeitschrift des St. Petersburger Bergbauinstitutes, dort wird die Dissertation zitiert.
          Putin-Biographen gaben ihm Auskünfte, das die Dissertation nicht zugänglich sei und als geheim eingestuft wäre. Einer drückte sich sogar so aus, dass "Sterbliche sie nicht sehen dürften". Der Reporter der Washington Post David Hoffman, der eine Biographie über Putin schrieb, hatte Gelegenheit Putins Dissertation einmal durchzublättern, als er beim Rektor des St. Petersburger Bergbauinstitutes Vladimir Litvinenko zu Gast war. Sie wurde ihm jedoch aus der Hand genommen und ins Regal zurück gestellt, bevor er sie sich näher ansehen konnte.
          Litivneneko erzählte jedoch später in einem Interview, das die Disseration von Wladimir Putin für jederman zugänglich wäre. Wie jede andere Dissertation wäre sie in der Staatsbibliothek (der früheren Leninbibliothek) verfügbar. Ein Kollege von Clifford Gaddy fand auf der Webseite der Staatsbibliothek auch tatsächlich eine Regstriernummer für die Disseration Putins. Man konnte sie nicht online abrufen, aber sie hatten jetzt den Standort der Disseration in der Bibliothek. 
          [Und hier kippt die Geschichte ins Skurille um!
          Sie riefen einen Bekannten in Moskau an und gaben ihm die Nummer. Der Bekannte ging zur Bibliothek, meldete sich als Nutzer an, holte sich die Dissertation und machte eine Kopie von der gesamten Arbeit. Der Kommentar von Clifford Gaddy zu der Geschichte war, dass all die Journalisten und Biographen unglaublich faul und nachlässig gearbeitet haben. Sie waren einfach nicht auf die Idee gekommen, die Disseration in der Staatsbibliothek zu suchen!
          [Jetzt kommen wir zu dem Teil mit dem Plagiat!]
          Clifford Gaddy analysierte die ca. 180 Seiten lange Dissertation und stellte dabei fest, dass ca. 16 Seiten der Disseration fast wörtlich von der russischen Übersetzung von William King and David Cleland's Buch von 1978 "Strategic Planning and Policy"übernommen sind!
          [Nun noch die Konsequenzen aus diesem Fall:]
          Keine. Wladimir Putin ist nicht zurückgetreten, hat seinen Doktortitel noch und eigentlich interessiert die ganze Sache niemanden.  "Ну что? Ета Россия!"