Samstag, 16. April 2016

Raw Materials and Resources - Part 10

Gesellschaftliche Entwicklung und Ressourcenverbrauch – das HANDY-Modell

Das wohl jüngste Modell zur Beschreibung der gesellschaftlichen Entwicklung und des Ressourcenverbrauchs hat die griffige Abkürzung „HANDY“ erhalten. Diese Abkürzung wird in dem Artikel „Human and Nature Dynamics (HANDY): Modeling Inequality and Use of Resources in the Collapse or Sustainability of Societies” von S. Motesharrei, J. Rivas und E. Kalnay eingeführt (Ecological Economics, 101 (2014) 90–102). Die Autoren modellieren darin den Ressourcenverbrauch und das Bevölkerungswachstum. Sie zeigen unterschiedliche Entwicklungsszenarien auf. Je nach angesetzten Parametern für Bevölkerungswachstum, Ressourcenverbrauch und gesellschaftliche Verhältnisse kommt es zu einem Kollaps der Gesellschaft oder zu einer nachhaltigen Entwicklung, bei der sich ein Gleichgewicht einstellt (siehe Abbildung). 


Ausgangspunkt dieser Arbeiten ist die Sorge um den gegenwärtigen nicht nachhaltigen Ressourcenverbrauch. Zu Beginn werfen die Autoren einen Blick auf die Vergangenheit und zählen verschiedene Beispiele aus der Geschichte auf, in denen Zivilisationen zusammenbrachen. So wird z.B. der Zusammenbruch des römischen Imperiums genannt. Auf diesen folgten Jahrhunderte mit Bevölkerungsrückgang, ökonomischem Niedergang und dem Verlust von Wissen. Weitere Beispiele für untergegangene Hochkulturen sind Mesopotamien, Ägypten und die Maya-Zivilisation. In der Argumentation der Einleitung erinnert der Text ein wenig an Oswald Spenglers „Untergang des Abendlandes", geht aber im Weiteren deutlich über eine bloßes Beobachten von Erscheinungen hinaus. Verschiedene Umwelteinflüsse und soziale Verhältnisse wurden bisher zur Erklärung des Zusammenbruchs von Gesellschaftsordnungen herangezogen. Bislang gibt es kein allgemeines Modell zur Erklärung dieser Erscheinungen.
Die Autoren schlagen ein Modell der menschlichen Populationsdynamik vor und modellieren damit verschiedene Szenarien. Das Modell berücksichtigt die ökonomische Ungleichheit zwischen verschiedenen Bevölkerungsgruppen. Zur Vereinfachung wird zwischen „Commoners“ (gemeines Volk, Bürgerliche) und Eliten unterschieden. Die Bevölkerungsgruppen werden mit einem Raubtier-Beute-Modell kombiniert. Dabei werden die Menschen in vereinfachter Form als „Raubtier“ angesehen, die die Schätze der Natur ausbeuten („Beute“). Das Modell beruht auf einem Satz von vier Gleichungen, die voneinander abhängig sind. In der Mathematik wird das als lineares Gleichungssystem bezeichnet. Die HANDY-Gleichungen sind folgende:

für die gemeine Bevölkerung („Commoners“):         xC = βCxC – αCxC

für die Elite:   xE = βExE – αExE

für die Natur:  y = γy(λ-y) – δxcy

für den Wohlstand: w = δxCy – Cc – CE

Dabei ist „γy(λ-y)“ der Regenerations-Term und „δxcy“ der Abbau-Term. Der Regenerationsterm ist als logistische Funktion formuliert mit einem Regenerationsfaktor γ und einer Sättigung, wenn sich y an λ annähert. Dabei ist λ die maximale Kapazität der Natur. CC und CE sind die Konsumraten der Bevölkerung und der Eliten.
Das in dem Artikel vorgeschlagene Modell weist zahlreiche Vereinfachungen und Schwächen auf. Darauf weisen die Autoren auch hin und kündigen Weiterentwicklungen an. So werden z.B. die natürlichen Ressourcen grob vereinfachend in eine einzige Gleichung gepresst. In diese Gleichung gehen ein:
  • nichterneuerbare Ressourcen wie fossile Brennstoffe und Minerallagerstätten,
  • erneuerbare Ressourcen (Wälder, Böden, Tierherden, Fischbestände, Wildbestände, Grundwasser),
  • erneuerbare Ströme (Wind, Sonnenstrahlung, Niederschläge, Flüsse)
Zukünftige Versionen des Modellierungsprogramms sollen diese Formen der Ressourcen unterscheiden. Technologischer Fortschritt und sich ändernde Effizienz bei der Ressourcenausbeutung werden bisher nicht berücksichtigt. Der Unterschied im Einkommen zwischen Elite und Bevölkerung wird durch einen Faktor beschrieben. Dieser wird im bisherigen Modell konstant gehalten.

Die vier oben genannten Gleichungen reichen aus, um verschiedene gesellschaftliche Entwicklungsszenarien aufzuzeigen. Ökonomische Schichtenbildung oder übermäßige ökologische Beanspruchung können unabhängig voneinander zum Kollaps der Gesellschaft führen. Im Weiteren wird der Maßstab „Belastungsfähigkeit“ (Carrying Capacity) entwickelt. Dieser ist ein geeignetes Maß, um das Nahen eines Kollapses frühzeitig zu erkennen. Das Modell ist auch zur Beschreibung historischer Zusammenbrüche geeignet. Mit Hilfe des vorgeschlagenen Modells kann ein Kollaps der Gesellschaft vermieden werden. Dazu muss sich die Bevölkerungszahl auf ein stabiles Maß einpegeln, bei dem die maximale Belastungsfähigkeit der Natur nicht überschritten wird.



Links:
  • Zur Rezeption des "HANDY"-Modells in der Öffentlichkeit: "When a theoretical article is misinterpreted" Before a paper on the HANDY model was published, findings were taken out of context in some press accounts; here, the authors explain their research

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