Samstag, 15. März 2014

Der letzte Alchemist in Paris


"The Last Alchemist in Paris: And other curious tales from chemistry" ist der Titel eines Buches von Lars Öhrström. Es enthält 22 Essays oder besser gesagt Geschichten. Jede dieser Geschichten dreht sich um ein chemisches Element. Die Titelgeschichte handelt von August Strindbergs versuchen in Paris gold herzustellen. August Strindberg, so erinnern wir uns schwach, ist eigentlich als Schriftsteller bekannt. 
Hoch spannend fand ich die Geschichte "From Bitterfeld with Love". Darin werden die Versuche der CIA beschrieben, die Fortschritte der sowjetischen Atombombentechnologie auszuspionieren und zu sabotieren. Spionage innerhalb des sowjetischen Atombombenprogramms war zu dieser Zeit nahezu aussichtslos. Als Illustration dazu den alten Witz vom CIA-Agenten in der Sowjetunion der sofort enttarnt wird. Da eine Spionage in der Sowjetunion also nicht möglich war, wich die CIA auf die Peripherie aus. Zur Herstellung von waffenfähigem Uran braucht man ein starkes Reduktionsmittel. Dazu verwendet man z.B. metallisches Calcium. Dieses wurde zu jener Zeit in Bitterfeld produziert. Indem die CIA die Produktion des Calciums in Bitterfeld beobachtete, konnte sie abschätzen, wie weit die Sowjets mit ihrer Uranproduktion war. Schließlich war noch geplant, das Calcium aus Bitterfeld mit Bor-10 zu kontaminieren. Das hätte das ganze damit hergestellte Uran wertlos gemacht, da das Bor-10 frei werdende Neutronen einfängt und dadurch die Kettenreaktion zum Erliegen bringt. Allerdings kam es dazu nicht mehr, da die Sowjetunion inzwischen genug waffenfähiges Uran hatte.
In der Geschichte "Blue Blooded Stones and the Prisoner in the Crystal Cage" schlägt Öhrströhm einen weiten Bogen, von Blutdiamanten über Lapislazuli und dem daraus hergestellten natürlichem Ultramarin, dem Warlord Ahmad Shah Massoud bis zur Kristallstrukturanalyse. So unterschiedliche Dinge muss man erst mal in eine einzelne Gechichte hineinbekommen! Trotz des teilweise harten Stoffs (Kristallstrukturanalyse!) absolut unterhaltsam und lesenswert.
Angenehm fallen auch die Zitate am Ende des Buches auf, diese gehen sowohl historisch sehr weit zurück (W. Scott: The Talisman,  1825...) und der Autor scheut auch nicht vor Zitaten aus dem Internet oder aus Tageszeitungen zurück. Die Zitate sind für das ganze Buch fortlaufend nummeriert und immer klar nachvollziehbar.
In der Geschichte über Lapislazuli erwähnt Öhrström auch Victoria Finlay und ihr Buch Das Geheimnis der Farben: Eine Kulturgeschichte. Das ist ja ein weiteres bei mir sehr beliebtes Buch. Die Autorin hatte es sich zur Aufgabve gemacht, die Herstellungsorte aller Farben aufzusuchen. Sie war sogar in dem unwegsamen Tal in Afghanistan, wo Lapislazuli gewonnen wird. Einzig bei Indischgelb konnte sie nicht nachvollziehen, wie das hergestellt wird. Aber das müssen Sie selbst lesen.
Das Buch von Victorai Finlay hat in letzter Zeit Konkurrenz in meiner persönlichen Rangliste bekommen vom scheinbar allumfassenden Werk auf diesem Gebiet: Farben: Natur, Technik, Kunst. Der Titel des Buches ist eher unspektakulär. Umso mehr ist der Leser überrascht von der großartigen Fülle an Illustrationen und Beispielen in diesem Werk. Man merkt, dass die Autoren Welsch und Liebmann nicht nur Fachleute sind, sondern auch eine Werbeagentur betreiben. Aber ein gut gestaltetes Buch muss ja kein Nachteil sein.


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