Samstag, 20. Juni 2015

Silicon-based Drugs 8

Wie kann man ein hervorragendes Medikament weiter verbessern?


Loperamid ist ein wirksames Medikament gegen Durchfall. Seit 2013 steht es auf der Liste der unentbehrlichen Arzneimittel der WHO. Es ist das am meisten verkaufte nicht rezeptpflichtige Antidiarrhoikum auf dem deutschen Markt und wahrscheinlich auch international das am häufigsten genutzte Mittel gegen Durchfall. (Quelle: Wikipedia)
Loperamid zählt zu den Opioiden. Opioide sind natürliche und synthetische Substanzen, die morphinartige Eigenschaften aufweisen und an Opioidrezeptoren wirksam sind. Im Gegensatz zu anderen Opioiden und Opiaten wirkt Loperamid hauptsächlich lokal im Darm, so dass bei therapeutischer Dosierung keine gravierenden Nebenwirkungen im Nervensystem auftreten. Da Loperamid lediglich die Darmtätigkeit unterdrückt, ist eine Anwendung bei einer Darminfektion nicht uneingeschränkt zu empfehlen. (Quelle: Wikipedia)
Bei defekter Blut-Hirn-Schranke kann es zu weitreichenden Nebenwirkungen kommen. So kann die Gabe von Loperamid beim Collie und verwandten Hunderassen aufgrund eines Gendefektes zum Tode führen. Auch beim Menschen kann ein solcher Gendefekt auftreten. Es wurde jedoch noch nie über einen Todesfall beim Menschen aufgrund therapeutischer Loperamiddosierungen berichtet. (Quelle: Wikipedia)



Abbildung 1: Molekülstruktur von Loperamid (links Kugel-Stab-Darstellung, rechts Kalottendarstellung).


Tacke und Mitarbeiter  stellten sich die Frage, ob dieses häufig genutzte und sehr wirkungsvolle Medikament weiter verbessert werden könnte (Quellenangabe ganz am Ende des Posts). Dazu nutzten sie in bewährter Weise die Strategie des Kohlenstoff-Siliciumaustauschs. Ziel war es, in 4-Stellung zum Piperidin-Stickstoffatom ein Siliciumatom einzuführen (Abbildung 2). Dies gelang in einer 12-stufigen Synthese! Das ist ein recht hoher Aufwand.


 Abbildung 2: Strukturformel von Loperamid (oben) und Sila-Loperamid (unten).

Die in vitro und in vivo Pharmakokinetik und Pharmakodynamik beider Verbindungen wurden im Vergleich untersucht. Beide Verbindungen besitzen nahezu identische pharmakokinetische Eigenschaften. Die Siliciumverbindung zeigt einen anderen Metabolismus als Loperamid. Sila-Loperamid bildet einen polareren und schneller abbaubaren Metaboliten, so dass keine neurotoxischen Metaboliten entstehen, wie sie bei Loperamid beobachtet wurden. Damit würde Sila-Loperamid sogar ein besseres Medikament darstellen, als das bewährte Loperamid.

Die Autoren schlussfolgern aus diesen Ergebnissen, dass Organosiliciumverbindungen im Sinne eines intelligenten Medikamentendesigns ("smart drug design") zur Verbesserung bestehender Medikamente genutzt werden können. So ist es zum Beispiel möglich, Angriffsstellen für den Metabolismus der Medikamente ("metabolic soft spots") zu schaffen, die das Auftreten schädlicher Metaboliten verhindern. Der Kohlenstoff-Sauerstoff-Austausch und der Kohlenstoff-Stickstoff-Austausch sind bereits bewährte Strategien in der medizinischen Chemie. Der Kohlenstoff-Silicium-Austausch eröffnet neue Möglichkeiten. Dabei ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass die Pharmakodynamik erhalten bleibt, da die strukturellen und elektronischen Veränderungen im Molekülgerüst relativ gering sind. Auf der anderen Seite können durch den C/Si-Austausch signifikante Änderungen in der Pharmakokinetik erzielt werden. Diese können eine Medikament weiter "verbessern". Das wurde am Beispiel Loperamid sehr schön demonstriert.

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