Samstag, 5. März 2016

Raw Materials and Resources - Part 7

Verteilung von Ressourcen

Sehr hilfreich wären Informationen darüber wo, wie viele und vor allem wie große noch unentdeckte Lagerstätten von Mineralien zu finden sein könnten. Kann man mit Hilfe statistischer Methoden, auf der Grundlage der bereits bekannten Lagerstätten, Aussagen über die Verteilung und die Reichweite natürlicher Ressourcen treffen? Leider erfahren wir aus einem Lehrbuch der Lagerstättenkunde, dass solche Vorhersagen nicht möglich sind: „Man kann natürlich argumentieren, dass Lagerstätten durch physikalisch-chemisch und chemisch beschreibbare Prozesse entstehen und daher Gehaltsverteilungen auch mathematisch beschreibbar sein müssen. Es spielen jedoch so viele Parameter, die sich von Ort zu Ort ändern können, mit hinein, dass eine generelle Aussage über Häufigkeitsverteilungen bei Lagerstätten nicht gemacht werden kann.“ (Quelle: F.-W. Wellmer: Rechnen für Lagerstättenkundler und Rohstoffwirtschaftler, Teil 2: Lagerstättenstatistik, Explorationsstatistik einschließlich geostatischer Methoden“ Verlag Ellen Pilger, Clausthal-Zellerfeld, 1989, Seite 40) Eventuell bezieht sich diese Aussage im engeren Sinne nur auf die Häufigkeitsverteilung innerhalb einer einzelnen Lagerstätte. Das ist mir beim Lesen nicht ganz klar geworden. Viel interessanter sind Häufigkeitsverteilungen von Minerallagerstätten in großen Regionen oder ganzen Kontinenten.
Die aktuelle Fachliteratur liefert durchaus Aussagen zur Verteilung natürlicher Ressourcen. So nutzt F.P. Agterberg vom Geological Survey of Canada z.B. multifraktale Modellierung zum Abschätzen der Größen und Gehalte von großen und supergroßen Metalllagerstätten (F. P. Agterberg: „Multifractal Modeling of the Sizes and Grades of Giant and Supergiant Deposits” International Geology Review 37 (1995) 1-8). Dabei weist er auf den Unterschied zwischen fraktaler und multifraktaler Modellierung hin: Ein fraktales Modell ist für einen Satz von Objekten gültig. Für eine räumliche Analyse können begrenzte Objekte mit Hilfe von binären Variablen modelliert werden. Das bedeutet, das Objekt ist an einem bestimmten Punkt im Raum anwesend oder abwesend (Eins oder Null als binäre Variable). Nur ein Satz von Objekten derselben Art mit unterschiedlicher Gestalt und Größe kann mit fraktaler Modellierung beschrieben werden.
Für Messgrößen benötigt man dagegen ein multifraktales Modell. Das betrifft z. B. räumlich verteilte unterschiedlich große Metallkonzentrationen. Mit Hilfe der multifraktalen Modellierung von Metalllagerstätten konnte Agterberg zeigen, dass die Häufigkeitsverteilung supergroßer Lagerstätten einem Potenzgesetz, bzw. der Pareto-Verteilung gehorcht. Als Alternative wird in der Fachliteratur häufig eine logarithmische Normalverteilung (Log-Normalverteilung) zur Beschreibung der Häufigkeitsverteilung von Lagerstätten angenommen. Der Unterschied zwischen den beiden Häufigkeitsverteilungen wird aus nachfolgender Abbildung deutlich. Die Pareto-Verteilung (rote Linie) ergibt bei einer Darstellung in einer doppeltlogarithmischen Grafik eine Gerade. Im Gegensatz dazu liefert die Log-Normalverteilung eine gebogene Linie (blau).



Abbildung: Die Log-Normalverteilung im Vergleich mit der Pareto-Verteilung bei doppeltlogarithmischer Darstellung nach Agterberg 1995

Im linken Bereich der Grafik ist die Linie der Pareto-Verteilung deutlich über der Linie der log-Normalverteilung. Das bedeutet in der Praxis, dass es viel mehr große Lagerstätten geben sollte, als man bisher annahm!
Agterberg weist darauf hin, dass die logarithmische Normalverteilung zur Beschreibung der Größen und Gehalte der meisten Lagerstätten ein gutes Modell darstellt. Wenn man jedoch die größten Lagerstätten mit einbezieht, sollte die Pareto-Verteilung gültig sein.
Mandelbrot wies bereits 1983 in seinem Buch über die fraktale Geometrie der Natur darauf hin, dass Öl und andere natürliche Ressourcen einer Pareto-Verteilung folgen sollten (B.B. Mandelbrot „The fractal geometry of nature“ Freeman, New York 1983, Seite 263).
Empirische Daten deuten darauf hin, dass die Dichte von Lagerstätten dem Potenzgesetz gehorcht. Dazu formulierte Donald A. Singer vom US Geological Survey folgende einfache Beziehung: Dichte [d/km2] = S.Aβ. Dabei ist A das Gebiet in dem aus geologischen Gründen unentdeckte Mineralvorkommen auftreten können („permissive area“). Der Exponent β ist für die in der zitierten Arbeit untersuchten Gebiete ungefähr 0,6. Der Faktor S variiert mit der Art des Mineralvorkommens. (Quelle: D. A. Singer: „Mineral Deposit Densities for Estimating Mineral Resources”, Math. Geosci. 40 (2008) 33–46) In der gleichen Arbeit wird erklärt, dass die log-Normalverteilung für die meisten Minerallagerstätten ein geeignetes Modell zur Beschreibung des beobachteten Abbauvolumens ist.
Log-Normale Verteilungen entstehen häufig als Produkt aus vielen unabhängigen kleinen Faktoren. Viele Gesetze der Chemie und Physik wirken multiplikativ bei der der Bildung und Erhaltung von Erzlagerstätten. Zu diesen Faktoren zählen z.B. der Transport von Metallionen in hydrothermalen Systemen und die Geschwindigkeit von einfachen chemischen Reaktionen, die wiederum vom Produkt der Konzentrationen der beteiligten chemischen Spezies abhängt. Diese Prozesse sind größenunabhängig und nützlich zum Verständnis der Beziehungen zwischen Lagerstättengröße und der Anzahl der der Lagerstätten. (Quelle)
In einer neueren Arbeit zeigte Singer allerdings, dass die logarithmische Normalverteilung für viele gut untersuchte Mineralvorkommen eine schlechte Näherung darstellt (D. A. Singer: “The lognormal distribution of metal resources in mineral deposits”, Ore Geology Reviews 55 (2013) 80–86).
Der United States Geological Survey verwendet ein dreistufiges Verfahren, um unbekannte Mineralvorkommen zu beurteilen. Dieses Verfahren ist in der nachstehenden Abbildung skizziert. Zuerst werden geologische Daten genutzt, um Gebiete zu identifizieren, in denen unentdeckte Mineralvorkommen auftreten können (in der Abbildung links oben beginnend). Im zweiten Schritt wird die Zahl der bisher nicht entdeckten Mineralvorkommen abgeschätzt. Im dritten Schritt wird die Menge der in diesen Mineralvorkommen zu erwartenden Ressourcen mit statistischen Methoden geschätzt. Die quantitative Ressourcenanalyse wird mit ökonomischen und politischen Analysen kombiniert und weiter verarbeitet (in der Mitte der Abbildung). Auf der rechten Seite sind dann die Ergebnisse dieser Analyse dargestellt. Dabei ist nicht nur die potenzielle Bereitstellung von Mineralien durch Bergbau von Interesse, sondern es werden weitere Faktoren berücksichtigt. Dazu gehören Umweltaspekte, Landverbrauch durch Bergbau und ökonomische Aspekte (rechte Seite der Abbildung).


Abbildung: Das dreistufige Verfahren des US Geological Survey zur quantitativen Beurteilung von Mineralvorkommen. (Quelle der Abbildung: USGS)


Fazit: Mit Hilfe statistischer Methoden lassen sich Aussagen über die Verteilung und die Reichweite natürlicher Ressourcen treffen. Außerdem können statistische Methoden beim Auffinden und bei der Erschließung natürlicher Ressourcen helfen. Allerdings weisen die widersprüchlichen Aussagen zur Art der statistischen Zusammenhänge darauf hin, dass es hier noch deutlichen Forschungsbedarf gibt. Wohin die Entwicklung zur Beurteilung unbekannter Mineralvorkommen wahrscheinlich geht, zeigt das dreistufige Verfahren des United States Geological Survey. 

Weitere Links:
Diese Links stellen nur eine kleine Auswahl der verfügbaren Literatur dar. Bitte haben Sie Verständnis, dass ich hier keine umfassende Literatursammlung zur Quantitativen Beurteilung von Mineralvorkommen wiedergebe.
Falls Sie noch wichtige Hinweise, Ideen oder Links zum Thema haben, schreiben Sie doch einfach einen Kommentar.



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