Samstag, 16. Januar 2021

Pyrophoric Hydridosilanes

Pyrophore Hydridosilane

Hydridosilane sind gefährliche, aber faszinierende Verbindungen mit interessanten Anwendungsmöglichkeiten. Hydridosilane bestehen nur aus Silicium und Wasserstoff. Diese Moleküle sind hoch reaktiv, so sehr, dass sie an der Luft sofort anfangen zu brennen. Verbindungen die an der Luft brennen nennt man "pyrophor". Aber gerade diese hohe Reaktivität macht Hydridosilane für verschiedene Anwendungen interessant. So wurde der Einsatz von Hydridosilanen als Raketentreibstoffe diskutiert  (B. Hidding et al.: Recent activities in silicon hydride
research in Europe
, 2011, 17th AIAA International Space Planes and Hypersonic Systems and Technologies Conference 2011. Reston, VA., 2287.)


Die Verbrennung eines solchen Silans an der Luft ist in nachfolgendem Video sehr schön zu sehen. Es handelt sich dabei um eine Probe in einer Glaskapillare mit einem Durchmesser von 0.5 mm. Was hier verbrennt sind nur etwa 5 Mikroliter!

 

 Video: Verbrennung eines flüssigen Silans an der Luft
(Video von Georg Franze, Musik von Musicfox)


 

Zum anderen wurden in den letzten Jahren verschiedene Verfahren entwickelt, bei denen diese Verbindungen als Ausgangsstoffe für Halbleiter genutzt werden. Dabei muss man nicht mehr aufwändig riesige Siliciumeinkristalle aus der Schmelze kristallisieren, diese in Scheiben zersägen und die Scheiben dann weiterverarbeiten. Nein, flüssige Hydridosilane kann man direkt mit einem Tintenstrahldrucker zu Halbleiterstrukturen drucken (T. Shimoda et al.: Solution-processed silicon films and transistors, Nature 2006, 440, 783-786.). 

Ganz so einfach ist es natürlich nicht, man muss erst eine entsprechende Tinte aus dem Hydridosilan herstellen, man braucht einen geeigneten Drucker für industrielle Anwendungen und man muss bei allen Prozessschritten die Luft fernhalten. Dazu nutzt man sogenannte Gloveboxen. (Kapitel Gloveboxen im Buch Inertgastechnik). Der fertige Halbleiterbaustein kann dann aber an der Luft gehandhabt werden. Die Halbleiterstrukturen können mit Hydridosilanen gezielt auf die verschiedensten Substrate gedruckt werden, zum Beispiel auf Kunststoffe oder sogar flexible Folien. Das eröffnet ganz neue Anwendungsmöglichkeiten, denken Sie nur an elektronisch lesbare Warenlabel oder flexible Displays!

In einer Publikation, die vor wenigen Monaten erschien, haben wir die Strukturen mehrerer flüssiger Hydridosilane durch in-situ Cryokristallisation bestimmt. Obwohl diese Verbindungen teilweise schon seit 100 Jahren bekannt sind, ist es noch niemand gelungen, die Einkristallstrukturanalysen (Link Vorlesung) dieser Verbindungen zu bestimmen! Die erhaltenen Strukturparameter ermöglichen uns einen Einblick in die Struktur und Bindungsverhältnisse dieser Verbindungen. (M. Gerwig et al.: Syntheses and Molecular Structures of Liquid Pyrophoric Hydridosilanes, ChemistryOpen 9 (2020) 762-773.)

Ausserdem konnten wir aus einem Hydridosilan Halbleiterstrukturen erzeugen. Das Hydridosilan wurde mit Spin-coating abgeschieden. Aus dem abgeschiedenen Silicium wurde ein Dünnfilmtransistor hergestellt. Die Publikation dazu ist soeben erschienen: M. Gerwig et. al: From cyclopentasilane to thin film transistors, Advanced Electronic Materials, 2020, 2000422, page 1-13.

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